Einleitung

Wie kein Krieg zuvor war der Erste Weltkrieg geprägt durch den radikalen Einsatz der Technik und den Wettlauf der Armeen und Staaten in dem Bemühen, dem Gegner zuvorzukommen in der Entwicklung immer neuerer und effizienterer Waffen, Maschinen und Methoden. Das Erringen eines technischen Vorsprunges sollte den Gegner überraschen, einen Vorteil am Schlachtfeld garantieren oder aber einen vom Gegner erzielten Vorteil ausgleichen. Dem Wettlauf um immer wirkungsvollere Kampfgase, die zu einem Symbol des Ersten Weltkrieges werden sollten, steht jener um die Entwicklung effizienterer Gasmasken zur Neutralisierung des gegnerischen Vorsprunges gegenüber.

Der Einsatz von U-Booten und Flugzeugen erweiterte die Schlachtfelder um die Dritte Dimension. Hatte man zu Kriegsbeginn Kampfmaschinen, die kaum besser waren als schwimmende Särge und fliegende Kisten, so verfügte man bei Kriegsende über bemerkenswert leistungsfähige U-Boote und war im Flugzeugbau an der Schwelle zum modernen Ganzmetallflugzeug angelangt.

Aber auch das konventionelle Schlachtfeld an der Erdoberfläche war nicht wiederzuerkennen, am nunmehr „leeren Schlachtfeld“ wühlten sich die Soldaten in die Erde, deckten, versteckten und tarnten sich und ihre Waffen. Die nun einsetzende Aufklärung aus der Luft nahm eine rasante Entwicklung von der Glasplattenkamera zur automatischen Reihenbildkamera, bedient von einem Luftbeobachter, zu dessen Standardausrüstung nunmehr ein Fallschirm gehörte. Fotographie und Film dienten nicht nur unmittelbar militärischen Zwecken, sondern wurden zu einer Hauptwaffe der Propaganda.

Vor allem aber war der Erste Weltkrieg ein Krieg der Kommunikationsmittel. Einerseits auf dem Feld der Nachrichtenübermittlung, wo Telefon, Funk („Radio“) und Fernschreiber zu unabdingbaren Kriegsgeräten werden, andererseits im Verkehrswesen. Ohne Eisenbahnen lassen sich die Armeen nicht versorgen, strategische Verschiebungen von Truppenverbänden nicht durchführen und wenn – was selten genug der Fall war – Bewegung in die Fronten kommt, so ist die sich zurückziehende Armee bemüht, die Kommunikationen, und hier vor allem die Bahnstrecken, möglichst nachhaltig zu zerstören. Der Vormarsch einer siegreichen Armee hängt somit von der Fähigkeit ab, die Gleisanlagen, Brücken, Tunnels und Wasserstationen für die Dampflokomotiven möglichst rasch wieder herzustellen.

Überhaupt ist jener Staat im Vorteil, der über das bessere Eisenbahnnetz verfügt. Die Möglichkeit zur effizienten Versorgung und raschen Verlagerung der Truppen konnte den strategischen Wert von ganzen Korps und Armeen ersetzen. Auch für die Verteilung der Nahrungs- und Heizmittel im Hinterland, die Inganghaltung der Rüstungsindustrie ist die Eisenbahn unabdingbar als Rückgrat des immer „totaleren“ Krieges. Setzte man nach Bedarf und Möglichkeit auch Feld- und Seilbahnen zur Versorgung ein, so baute man auch neue Straßen für die Automobile, die ab Kriegsbeginn eine rasante Verbreitung finden.

Eine Niederlage im Transportkrieg war gleichbedeutend mit der Gesamtniederlage. Symptom für eine derartige Niederlage ist ein Niedergang des Transportwesens, der sich als schleichende Entmodernisierung des militärischen und zivilen Alltags symptomatisiert. Kein Gummi für Reifen, keine Treibstoffe und Schmiermittel für Motoren, keine Kohlen für Lokomotiven, Verschleiß und Verfall des gesamten rollenden Materials der Bahnen bei nicht mehr aufzulösenden Staus von – oftmals beladenen – Waggons – all dies kündigt sich bereits 1915 in Österreich-Ungarn an und trägt schließlich in einem meist wenig beachteten Ausmaß zum 1918 erfolgten Zusammenbruch bei.

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