Duellverbot

Am 4. November 1917 verbot Kaiser Karl „allen Angehörigen Meiner bewaffneten Macht den Zweikampf und jede Teilnahme an einem Zweikampf.“ Verständlich, dass man bei dem immer eklatanter werdenden Mangel an ausgebildeten Offizieren zumindest im letzten Kriegsjahr verhindern wollte, dass diese sich gegenseitig dezimierten, und so findet sich in dem entsprechenden Befehl auch die Begründung, dass Österreich-Ungarn „auf die ungeschwächte Kraft jedes Mannes jetzt zur Verteidigung seiner Grenzen, dann zum Wiederaufbau und zum Fortschritte zählt.“

Weniger verständlich ist vielleicht der Offiziersehrenkodex, der den Kaiser zur definitiven und unmissverständlichen Formulierung dieses „Armee- und Flottenbefehls“ zwang. 

In den 1870er-Jahren entwickelte sich nach preußischem Vorbild  ein aus Offizieren zusammengesetzter „Ehrenrat“, der einige Agenden aus der traditionellen militärischen Strafgerichtsbarkeit übernahm. Die Ehrenräte konnten jeweils „Freispruch“, „Verletzung“ oder „Gefährdung“ der Standesehre beschließen. Der Passus „Das ehrenrätliche Verfahren kann auch von einer demselben unterworfenen Person selbst verlangt werden, um sich von Verdächtigungen ihrer Ehrenhaftigkeit zu reinigen, soferne andere standesgemäße Mittel hiezu nicht vorhanden sind“ ließ die Alternative des Duells offen. Kriegsminister Edmund Freiherr von Krieghammer wunderte sich 1901 über die übergroße Kompetenz des Ehrenrates, der seiner Definition nach „das Recht hat zu bestimmen, ob bestehende Gesetze verletzt werden dürfen oder nicht.“ 

Wie sehr der Ehrenrat von dieser Kompetenz Gebrauch machte, hatte sich im Jahr zuvor erwiesen, als etwa Leutnant Anton Marchese Tacoli, der ein Duell aus Gründen seiner religiösen Überzeugung abgelehnt hatte, aufgrund ehrenrätlichen Urteils seinen Offiziersrang verlor und als einfacher Soldat in die Reserve des 5. Dragoner-Regiments eingeteilt wurde. Damit nicht genug, wurde schließlich noch eine Voruntersuchung (immerhin vom Chef des Generalstabs, Friedrich Graf von Beck-Rzikowsky) -, schließlich auch ein ehrenrätliches Verfahren gegen Hauptmann Josef Graf Ledóchowski, Generalstabsoffizier und bekennender Katholik, eingeleitet, der Tacoli in seiner Haltung unterstützt hatte.  

Der Ehrenrat wörtlich: „Hauptmann Graf Ledóchowski anerkennt nur jene Standespflichten, die ihm die katholische Kirche, die Gesetze und Dienstvorschriften auferlegen und stellt sich außerhalb des in der k. u. k. Armee seit ihrem Bestande als ungeschriebenes Gesetz giltigen Rechts und der ihm entsprechenden Pflicht“. Auch Ledóchowski wurde aus dem Offizierskorps ausgestoßen und durfte weiter als einfacher Ulan in der Landwehr dienen. Es stellt eine Ironie der Geschichte dar, dass just Herzog Robert von Parma, Vater der späteren Kaiserin Zita, den „ehrlosen“ ehemaligen Offizier als „Hofmarschall“ in sein Schloss Schwarzau aufnahm. Tacoli meldete sich 1914 als Gemeiner freiwillig, wurde erst nicht genommen, dann zum 3. Landsturminfanterie-Regiment in Graz versetzt. An der russischen Front schließlich hoch dekoriert, sollte er den Krieg zwar nicht überleben, doch bekam er am 21. März 1916 seinen Leutnantsrang mit „Allerhöchster Gnade“ rückerstattet. Ledóchowski wurde bald darauf von Kaiser Karl rehabilitiert. Im Mai 1917 brachte er es noch zum Major. 

Während des Ersten Weltkriegs wurde das ehrenrätliche Verfahren vereinfacht, für Dauer des Krieges waren Duelle verboten. Hatte bis 1917 noch die Vorschrift gegolten „Der ehrenrätliche Ausschuss kann auch die Austragung mit Waffen beantragen“, so lautete der entsprechende Passus nach dem eingangs zitierten Befehl des Kaisers „Die Austragung mit Waffen ist ausgeschlossen.“

Duellverbot während des Krieges

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Armee- und Flottenbefehl Kaiser Karls I. betreffend das Verbot des Zweikampfes der bewaffneten Macht

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