Kriegsfinanzierung
Einleitung

Die Bedeutung des Finanzwesens als kriegsentscheidender Faktor wurde in Österreich-Ungarn lange unterschätzt. Finanzielle Vorkehrungen für den Kriegsfall bestanden bis zum Juli 1914 eher in allgemeinen Überlegungen. Angesichts der Balkankrise kamen der österreichische und der ungarische Finanzminister mit der Nationalbank 1912 überein, die Mobilisierungskosten für den Kriegsfall auf die Summe von 2,5 Milliarden Kronen festzulegen, was den Geldbedarf für die ersten drei Monate decken sollte - man ging von einem kurzen, feldzugsähnlichen Krieg aus.

Aber auch diese Summe war nur zum geringsten Teil im Budget vorhanden – 800 Millionen sollten aus den vorhandenen Kassenmitteln bestritten werden, was für die ersten acht Tage reichen sollte, 1700 Millionen Kronen durch die Notenbank, zur Hälfte aus Lombarddarlehen sowie der Rest aus der Erhöhung des Geldumlaufes, aufgebracht werden.

Da aber bereits seit 1909 der Bargeldumlauf stark gestiegen und die Golddeckung zuletzt von 71,9 auf 45,1 % gesunken war, blieb der Rahmen für die Ausweitung des finanziellen Spielraums gering.

Der lakonische Text der kaiserlichen Verordnung vom 4. August 1914, RGBl. 202 bildete die Grundlage aller späteren Kreditaufnahmen:

„Meine Regierung wird ermächtigt, die Geldmittel, welche zur Bestreitung der Auslagen für außerordentliche militärische Vorkehrungen aus Anlaß der kriegerischen Verwicklungen erforderlich sind, (…) durch Kreditoperationen zu beschaffen.“

Bis Ende 1915 galt noch die verfassungsmäßige Einschränkung, dass aus Notverordnungen keine dauernde Belastung des Staatsschatzes resultieren dürfe.

Der monatliche Geldbedarf für das Landheer lag 1914/15 bei ca. 800 Millionen Kronen, was sich bis Kriegsende durch die Inflation auf 1,5 Milliarden erhöhte.

Dazu kamen, trotz der massiven Einschränkungen bei den „zivilen“ Ausgaben, steigende Transferleistungen und Unterstützungszahlungen an Bedürftige. Gleichzeitig sanken die staatlichen Einnahmen.

Die Kriegsfinanzierung basierte folgerichtig in erster Linie durch Kredite. Bis Ende 1915 kamen zu den bestehenden 12,9 Mrd. Vorkriegsschulden 14,1 Milliarden Kronen dazu, bis Ende 1916 stiegen die Kriegsschulden auf 31,3 Milliarden, insgesamt 44,2 Milliarden.

Zweites Finanzierungsinstrument war die Erhöhung des Geldumlaufes. Bis Kriegsende verzehnfachte er sich auf 31,5 Milliarden Kronen, was zu einer galoppierenden Geldentwertung führte, die sich in den ersten Jahren nach dem Krieg zur Hyperinflation steigerte.

Eine geringere Rolle bei der Finanzierung spielten Kriegszuschläge auf direkte und indirekte Steuern, auf Vermögenssteuern verzichtete die Regierung hingegen weitestgehend.

Die finanzpolitischen Maßnahmen, den enorm gestiegenen Geldbedarf bei gleichzeitiger handelspolitischer Isolation und dem Einbruch der landwirtschaftlichen Produktion zu decken, blieben stets Stückwerk angesichts der grundlegenden strukturellen Probleme. Diese konnten auch durch die späten militärischen Erfolge nicht ausgeglichen werden und bewirkten schließlich den völligen Zusammenbruch des Staatswesens.

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