Josef Pilsudski

Den 1867 in Zulow bei Wilna geborenen Josef Pilsudski führte seine fanatische Abneigung gegen das zaristische Russland, von dem er jeden Ansatz einer polnischen Eigenstaatlichkeit bedroht sah, zunächst in Charkow zur russischen sozialrevolutionären Partei und in der Folge zu fünfjähriger Verbannung nach Sibirien, nach seiner Rückkehr zur Polnischen Sozialistischen Partei, die in ihrer Militanz in schroffen Gegensatz zu den polnischen Nationaldemokraten in Russland geriet. 

Als Herausgaber der illegalen polnisch-revolutionären Zeitschrift „Robotnik“ 1900 verhaftet, gelang ihm im Jahr darauf die Flucht über Riga nach London. Während des russisch-japanischen Krieges verhandelte er in Tokio über die Unterstützung eines polnischen Aufstandes in Russland, um nach dem Krieg endlich seine politischen Aktivitäten nach Galizien zu verlegen: In Krakau gründete er schließlich einen „Schützenverband“ mit dem Ziel, die polnische Jugend über die Grenzen hinweg zu erfassen, zu ideologisieren und paramilitärisch auszubilden, wobei er sich bewusst von den Parteien distanzierte. 

Schon vor Kriegsbeginn stand Pilsudski mit dem Generalstab in Wien wegen einer Beteiligung seiner Schützenverbände im Kriegsfall gegen Russland in Verbindung. Als ihm am 6. August 1914 tatsächlich die Einnahme des Bahnhofs von Kielce gelang, traten diverse andere polnische Verbände und Vereine unter sein Kommando – die „Polnischen Legionen“ waren entstanden. Allerdings sah er sich kurz darauf zur Unterstellung unter das in Krakau gegründete „Oberste National-Komitee“ gezwungen, das Kommando der Legionen musste er auf österreichischen Druck an Generalmajor Raymond Baczynski, dann an Feldmarschallleutnant Karol Durski-Trzaska abgeben. Im Verband der I. Armee mussten sich Pilsudskis Bataillone Ende September 1914 nach Süden in den Raum Nowy Korczyn an der Gabelung von Dunajec und Weichsel zurückziehen, nach einer glücklosen Offensive in Richtung Deblin und Warschau im folgenden Oktober weiter nach Südwesten, doch gelang es ihm in einer überraschenden Wende in Nachtmärschen quer zur Hauptrichtung der russischen Offensive über Ulina mala in Krakau einzuziehen.  

Nach erfolgreichen Kämpfen bei Marcinkowice und Limanowa sowie der Einnahme von Nowy Sacz wurden die Streitkräfte Pilsudskis im Dezember 1914 zur (selbständigen) I. Brigade zusammengefasst, die sich in den Gefechten von Lowczówek glänzend bewährte. Schon vor der Frühjahrsoffensive der Mittelmächte bemühte er sich wiederum über Emissäre, auch politisch in den polnisch sprachigen Gebieten an Terrain zu gewinnen und polnisches Nationalbewusstsein zu entfachen, da er die baldige Räumung des Landes durch die Russen erhoffte. Tatsächlich nahm die I. Brigade beim Vormarsch an den Kämpfen von Konary bei Sandomierz teil und überschritt die Weichsel in Richtung Lublin. 

In der Folge jedoch bemühte sich Pilsudski vor allem um den Ausbau der „Polnischen Militärischen Aktion“, einer nationalistischen Geheimorganisation, die sich nicht von den Armeen der Mittelmächte kontrollieren ließ. Ab Herbst 1915 am Styr zwischen Czartorysk und Kostiuchnówka aufgestellt, wurden auch die Legionen zunehmender national-polnischer Indoktrination unterzogen, kurz darauf waren sie bei der Abwehr der Brussilow-Offensive am Stochod im Einsatz. 

Als die Mittelmächte am 5. November 1916 ein freies, unabhängiges Polen verkündete, schien Pilsudski seinem Ziel nahe. Allerdings schleppte sich die Umsetzung ebenso dahin wie die Schaffung einer selbständigen polnischen Armee. Erst mit der russischen Revolution schien auch für Pilsudski von dieser Seite die Bedrohung gebannt. 

Noch im November 1916 wurden trotz mancher Bedenken auf österreichischer Seite die inzwischen in „polnisches Hilfskorps“ umbenannten Legionen aus dem Verband der österreichisch-ungarischen Armeen herausgelöst und dem polnischen Staat zugeordnet, den es allerdings de facto nicht gab. Die sogenannte polnische Armee wurde statt dessen der deutschen Heeresleitung unterstellt. Pilsudski, der 1915 noch als Brigadekommandant vom k. k. Landesverteidigungsministerium Familiengebühren bezogen hatte, verweigerte mit vielen seiner Kameraden den Treueid und verbrachte den Rest des Krieges in deutschen Gefängnissen.

Lagekarte der 1. Brigade mit der Polnischen Legion Pilsudskis

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Familiengebühren für Brigadekommandant Pilsudski

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Übergabe des polnischen Hilfskorps an die polnische Armee

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