Thomas G Masaryk

Unter den durch den Krieg freigesetzten nationalrevolutionären Bewegungen der österreichischen Völker war jene der Tschechen die wohl mächtigste und folgenschwerste. Zu ihrer Symbol- und Leitfigur wurde der 1850 in Mähren geborene Philosophieprofessor Tomáš Masaryk. 1879 war er Dozent an der Wiener Universität geworden, 1897 hatte er eine ordentliche Professur in Prag angenommen. Seit 1891 war er Abgeordneter zum Reichsrat, zunächst für die Jungtschechen, von 1900 bis 1914 für die von ihm gegründete Fraktion der Realisten. Sein Leben lang ist er gegen die traditionelle tschechische Romantik, gegen die „Vorurteile der Nation“ aufgetreten, gegen den romantischen Historismus des böhmischen Staatsrechts, gegen die antisemitische Pogromhetze, gegen die naive Konzeption einer allslawischen Geistesgemeinschaft. Dem Ideal der Wiederherstellung der Krone des heiligen Wenzel stellte er das Ziel einer nach westlich-demokratischem Vorbild organisierten tschechoslowakischen Republik gegenüber.

Seit Kriegsbeginn hatte sich vor allem in den tschechischen Auslandskolonien die Vorstellung einer von Habsburg losgelösten Eigenstaatlichkeit Bahn gebrochen, ihre revolutionäre Propaganda erfasste schnell die tschechischen Kriegsgefangenen in den Lagern Sibiriens, Serbiens und Italiens. Masaryk stellte sich an die Spitze der Bewegung: Er emigrierte im Dezember 1914 und sicherte sich kraft seiner Persönlichkeit die Sympathien der westlichen Intelligenz und ausgezeichnete Beziehungen zu den Regierungen der Entente-Mächte. Im Mai 1916 begründete er zusammen mit Beneš und Stefanik in Paris den Nationalrat als ein einheitliches leitendes Organ der tschechischen Kolonien im Ausland, der einerseits massiv gegen die prorussischen, „zarophilen“ Strömungen auftrat, andererseits engen Kontakt mit den tschechisch-nationalistischen Strömungen in der Heimat selbst unterhielt. Gleichwohl hatte die Bewegung der Emigration bis 1917 eher den Charakter einer groß angelegten Propagandaaktion; zu realer Macht stieg sie erst auf, als sie – auf russischem Boden, unmittelbar nach der Februarrevolution – ein Heer in ihren Dienst stellen konnte. Im Dezember 1917 folgte die Aufstellung einer auf Seiten der Entente kämpfenden tschechoslowakischen Legion in Frankreich. 

Am 18. Oktober 1918 proklamierte Tomáš G. Masaryk in der Washingtoner Deklaration einen auf Naturrecht, Bürgersouveränität und den Prinzipien der US-amerikanischen Verfassung beruhenden unabhängigen tschechoslowakischen Staat: Eine auf dem allgemeinen Wahlrecht basierende parlamentarische Republik, in der die Grundrechte, soziale Reform, Gleichberechtigung von Männern und Frauen, Minderheitenschutz, Trennung von Staat und Kirche garantiert waren. Der Großgrundbesitz sollte enteignet, die Vorrechte der Geburt und des Adels abgeschafft werden. Masaryk wurde am 14. November von der neu konstituierten Tschechoslowakischen Nationalversammlung zum Präsidenten gewählt, am 21. Dezember kehrte er in das Land zurück.

Aufruf des Professor Masaryk

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Aufruf der tschechischen Kriegsgefangenen

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Die tschechoslovakische sozial-demokratische Arbeiterpartei unter den Kriegsgefangenen in Russland

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Strafverfahren Prof. Masaryk

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Prof. Masaryk in der Presse

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Prof. Masaryk – Apostel des wahren Slaventums

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Entstehen der tschechoslowakischen Armee

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Panslawistische Aufrufe in Brünn

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Tschechische Propaganda im Ausland

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Tschechoslowakische monarchiefeindliche Bewegung in Russland

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Hinrichtung von tschechoslowakischen Legionären

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