Friede mit Russland - Der Vertrag von Brest-Litowsk 1918

Im Herbst 1917 war die letzte militärische Offensive der Revolutionären Demokratie Kerenskys dramatisch gescheitert, die russische Armee und mit ihr der russische Staat befanden sich im Stadium der völligen Auflösung. Die in der Oktoberrevolution zur Macht gelangte bolschewistisch-sozialrevolutionäre Koalition erneuerte Kerenskys Friedensangebot, stellte zugleich einen Separatfrieden mit den Mittelmächten in Aussicht und erklärte die zaristischen Milliardenschulden an die Entente für annulliert.

Der deutsche Militarismus – für den sich mit einem Schlag die Perspektive eines Durchbruchs im Westen mit Hilfe der nunmehr frei werdenden Ost-Heere eröffnete – befand sich am Zenit seiner Machtentfaltung. Sein Kriegsziel wurde in den kommenden Friedensverhandlungen mit der von Trotzki geführten russischen Delegation offenkundig: Ein gewaltiges kontinentales Imperium, das einerseits die zehn Nationen Österreich-Ungarns in einem Mitteleuropa unter deutscher Führung zusammenfassen, andererseits im Westen Belgien und die französischen Erzgebiete, im Osten die russischen „Randvölker“ vom den baltischen Ländern bis zum Schwarzen Meer, im Südosten Rumänien, den Balkan und die Türkei bis zum Persischen Golf unter deutsche Hegemonie zwingen sollte. Unter diesen Vorzeichen trat eine starke Gruppierung innerhalb der Bolschewiki für den revolutionären Krieg gegen den deutschen Imperialismus ein, selbst um den Preis eines möglichen Verlustes des gesamten europäisch-russischen Territoriums. Schließlich aber setzte sich Lenins Position durch, der bereit war, einen Diktatfrieden zu akzeptieren, umso mehr, als ein solcher die dringend benötigte Atempause verschaffen konnte und – wie die aktuellen Massenstreiks in Österreich und Deutschland nahelegten – der Fortgang des Krieges in Westeuropa auf eine allgemeine revolutionäre Erhebung hinauszulaufen schien.

Am 29. November 1917 hatten Deutschland und Österreich-Ungarn das russische Friedensangebot angenommen, Mitte Dezember war ein (von den Mittelmächten allerdings wieder gebrochener) Waffenstillstand vereinbart worden, am 3. März 1918 wurde der Friedensvertrag von Brest Litowsk unterzeichnet. Es war ein Gewaltfriede: Russland verlor ein Drittel seiner Bevölkerung und die Hälfte seiner industriellen Kapazität. Kurland, Livland und Estland wurden selbstständig, vom Baltikum bis zur Ukraine sollte es zur Bildung deutsch kontrollierter Satellitenstaaten kommen. Beide Seiten verzichteten auf Reparationen. Die nach Millionen zählenden und nunmehr an die Mittelmächte übergebenen deutschen, österreichisch-ungarischen und türkischen Kriegsgefangenen stellten eine gewaltige Reservearmee für die Fortsetzung des Krieges an den anderen Fronten dar. Ein im Februar 1918 mit der Ukraine geschlossener Sonderfriede hatte diese zur (realiter allerdings niemals erfolgten) Lieferung von einer Million Tonnen Getreide verpflichtet. Brest-Litowsk eröffnete den Mittelmächten nunmehr die Möglichkeit, Lebensmittel und Rohstoffe Asiens über Russland zu beziehen, was de facto einer Durchbrechung der Entente-Blockade gleichkam.

Der Friede von Brest Litowsk hat den Ersten Weltkrieg im Osten Europas beendet; seine Bestimmungen wurden in Versailles samt und sonders aufgehoben. Das vorliegende Dokument ist die Ratifikation des Vertrages vom 16. März durch den vierten außerordentlichen Sowjetkongress in russischer Sprache. Der Austausch der Ratifikation zwischen den Mittelmächten und Russland fand am 4. Juli 1918 in Berlin statt.

Russische Ratifikation des Friedensvertrages von Brest-Litowsk

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Friedensverhandlungen in Brest-Litowsk

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Friedensverhandlungen

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Waffenstillstand an der Ostfront – Russische Soldaten beim Einkauf von Alltagsdingen

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