Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
31.08.1914
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
31.8.1914

1h nachts Entsendung mit Major Schneider nach Lemberg zur Klarstellung der Situation. Weiters zu melden, dass – wenn Entscheidung bei 4. Armee nicht bis 1.9. glücklich ausfällt – rechter Flügel dieser Armee 3.9. Uhnów, 4.9. Rawa gelangt. – 3h vorm. in Grodek angekommen. Das 3. Armee Kommando ist bereits hier ziemlich niedergeschlagen; alles erzählt von Panik. Chef der Operationsabteilung ist über Lage wieder wenig orientiert. – Die Panik soll zuerst beim 12. Korps entstanden sein. Vom III. Korps sind die 6. und 22. vollkommen intakt; die 22. Div. wurde lachs, XII. Korps mitgerissen. Vom Korps Kommando sind alle Vorsorgen getroffen (Aufstellung von Offizieren und Gendarmerie) um die Divisionen aufzufangen. 6. besser verpflegt, weil energisches Eingreifen der Offiziere. – 22. Division hat versagt; ging am 1. Tag 4 Stunden später in die anbefohlene Linie vor. Landwehrregimenter Laibach und Marburg viele Marschmarode. – Dies alles erzählt Afan. – Unsere Artillerie inferior. Teilweise traurige Erscheinungen; Offizier führt Batterien aus der Feuerlinie. 15cm Granaten haben furchtbar gewirkt.

            35. Division vollkommen aufgerieben, hat sich für das VII. Korps geopfert. (Wird von einem Major geschildert). Als Nachricht kam, dass 35. über Romanow zurückzieht, ging Afan dorthin vor, um Leute zum Stehen zu bringen. Aufstellung von Posten, die verhindern, dass Teile des XII. Direktion Lemberg nahmen. – Unglaubliche Tartaren Nachrichten werden gebracht; das Wort Kosaken bringt eine Panik mit sich. – Lichtsignale geben die Wirkung der Artillerie bekannt. Aufstellungsplätze von höheren Stäben werden sofort signalisiert. Leute sehr vorsichtig und schlau. In der Nacht wird in den Dörfern viel geschossen, dadurch Verwirrung in den Trains. – 6. Division: sechstägiges heldenhaftes Ausharren. – Russische Artillerie schoss bereits auf 8000 Schritt (??), angeblich seien ganze Batterien liegen geblieben. – Afan sagt, das sei nicht so arg. Die 6. Division wurde Tag und Nacht intensiv beschossen und hatte von 40 Geschützen nur 5 unbrauchbar. – Russische Stellungen: Es macht oft den Eindruck, als ob die vordere Linie nur eine Geschützbedeckung wäre. – Oberst Boog hat Reit- und Wagenpferde verloren. Oberst bittet K.M. die Sache vom Militärstationskommando Jaroslau zu instradieren, das Ganzes zurückhält, nicht bis Lemberg lassen will.

            Von Grodek gegen Lemberg im Marsch I.B.V.K. 97

25. E.B.Kdo., 2 Feldbahn Arbeiterabteilungen nach Bartatow

            Im Marsch nach Grodek:

Division Abstr.         3. A.K.

Train                          3. A.K.

F.Sp.              8/11

K.B.E.

F. Sp.             9/11

Sp. Tel. Abt.

Hb. Kn.          4/32

            35. Division, Generalstabschef Abele; gesamte Artillerie verloren, wilde Flucht. (von Major Appel erzählt) – Eine Schlacht geliefert bei Dunajów, hartnäckig gekämpft, Leute taten ihre Pflicht, Russen hatten Stellung kolossal befestigt. Divisionär Njegovan von Artillerie überfahren. Debakel, durch Schüsse der eigenen Truppe auf sich selbst. – Anderen tags zurück, Train zu spät abgefahren, dass er ganz gefangen würde, durch Eingreifen des Intendanten Auer gelungen, Train wieder zurückzubringen. Schlacht am 29. bis abends. In der Nacht 3 Angriffe der Russen zurückgeschlagen. 30. Hauptangriff, VII. Korps abgewehrt, dagegen große russische Umfassung. Staubwolken wurden für VII. Korps gehalten. Vormittag vom Korps Kommando Befehl bis zum letzten Mann ausharren, was die Division brillant durchführte. In jeder Stellung während Rückzug von den russischen Batterien empfangen. Furchtbare Verluste, Division ganz aufgerieben. Von der ganzen Artillerie 2 Geschütze übrig geblieben. Haubitzen, Gebirgsartillerie hin. Rückzug wilde Flucht. Auch Stab beschossen, Divisionssanitätschef, vielleicht auch Artilleriebrigadier gefallen. Verpflegung hat nicht funktioniert. Ganze 35. Division hat drei Tage nichts gegessen. Verwundete in den Händen der Russen. Alle Ortschaften angezündet. – Truppen entkräftet ins Gefecht gekommen. Auch Kaiserschützen furchtbare Verluste. – Unsere Gefangenen wurden in Haufen zusammengelegt, mit Reisig bedeckt und mit Bajonetten gestochen. –

            Mitteilung Generalstabschef Major Abele; Rückzug wie in Karte eingezeichnet, wurde auf Lemberg befohlen.

            XI. Korps. Dobretzberger (830)

klagt über Mangel an Energie. Kaiser wird energisch. Truppe sehr ermüdet, Geist aber vorzüglich. Trains hatten einmal eine Panik, jetzt Furcht bereits überwunden. –

            30.8. fast gar kein Gefecht. Gruppe Kunesch hat bei Chalupki gefochten, 6 Bataillons haben eingeschwenkt und gestürmt. Artillerie einige Schüsse, aber nur wenige Feinde sichtbar, viele Verwundete, namentlich Russen vom 41. und 42. Regiment. – 10h15m bei Kulikow den Kommandant der Lst.Brig.97 über Situation orientiert. In Kulikow eine Flieger Meldung gelesen, dass starke feindliche Kolonne aus Boliatycze nach Mosty Welkie marschiert. Telefonisch dem Kommandant der 23. L.I.T.D. mitgeteilt. – Pfarrer des Ortes verhaftet, weil er Glocke läuten ließ. – Landsturmbrigade intakt, von recht gutem Aussehen, hat noch nicht gefochten.

            11h45m vorm. wieder Lemberg. Obstlt. Zeidler Generalstabschef XII. Korps, (hatte den Befehl bis zur letzten Patrone zu kämpfen) hat sich vo Kövess circa 5h nachmittags getrennt. General Hauninger hat aus eigener Initiative alles nach Grodek dirigiert. Alle Trains sind weg, Karten, Kanzlei, Chiffreschlüssel fort. Unsere 2. Kavallerie Truppen Division hat den südlichen Flügel gar nicht gesichert. Um den südlichen Flügel des Korps herum griff eine feindliche Kavallerie Truppen Division an  und beschießt das Korps im Rücken. Direktion ist der Raum südlich Lubien Wk; an der Bahn ist Verpflegung bereitgestellt. Marsch in einem Zug unmöglich; alle Verbände durcheinander; es sammeln sich die einzelnen Leute. –

Korps hat vom Armeekommando nie eine Mitteilung bekommen, was ihm gegenüber steht. Befestigte Linie mit Riesenverlusten angegangen, sehr stark hergenommen worden. Auf Neben- und Karrenwegen kommen keine Trains vor. –

            1h nachts Befehl des A.O.K. fertig dechiffriert, dass am nächsten Tag marschiert werden soll; Abmarsch nach NW in ungeheuren Friktionen, über 120 km in 3 Tagen mit nicht einmarschierter Mannschaft, vollkommen kriegsmäßigem Pack, minderen Pferden u.s.w. – Befehl hat gelautet: Bis zum letzten Mann und bis zur letzten Patrone halten. Daher wurden alle Trains stehen gelassen, um nur Munitionskisteln vorzubekommen. Russische Artillerie schießt vorzüglich, ist aber nicht sehr wirkungsfähig. – Am 28.8. zurückmarschiert, größere Friktionen auf den gebirgigen Wegen. –

            Bis 30. nachmittags ununterbrochener Kampf. Um 2h brach Feind an 2 Stellen ein, drängt auch 16. Division stark zurück. Zurückfluten beginnt, neue Stellung versucht.

(Aufnahme Stellung). 16. Division geht zurück, auch Lw.Div. von Przemyślany.

Leute haben keine Tornister (wurden in der Stellung abgelegt), höchstens Mäntel, Gewehre, Patronen in den Säcken. Große Panik durch plötzliches Auftauchen einer Kavallerie Batterie. Entsetzliche Vorkommnisse bei Swirz. Entwirrung unmöglich, namentlich dadurch, dass das Armee Kommando eine Autotrainkolonne auf die einzige bessere Marschlinie dirigiert hatte. Vollständige Auflösung. Leute halb verhungert, am Ende ihrer Kräfte. Ein Teil Bobrka, ein Teil in Lemberg, keine Schlagkraft, Retablierung wird längere Zeit dauern.

24.8. Ernste Vorstellungen des Generalstabschefs über die durch die menschenunmöglichen Märsche verursachte Ermüdung des Korps!!

Eimannsberger: Artillerie mindestens die Hälfte verloren. Hauptverantwortung hat Exzellenz Kövess um 8h früh in Bobrka. Dort vielleicht 4 Kp, die aber einem Feuer nicht mehr standhalten werden. – Es ist von äußerst schlechter Einwirkung auf die Truppe, dass die Kosaken auf barbarische Weise Krieg führen. –

            2h30m – 3h Fahrt auf Straße gegen Bobrka bis über Sichow. Auf der Straße zahlreich Versprengte, meist in kleineren Gruppen. In Befestigungen eine geordnete Gruppe unter dem Kommando eines Oberleutnants, dessen Leute aber nichts zu essen haben. –

            In Lemberg: Regt 31 – 6.Div. Regiment 31 vernichtet (nach Aussage eine Leutnants) auf der Grodek Chaussee. 1 Haubitzbatterie 2 Geschütze; zahlreiche Trains, übrigens ziemlich geordnet, und viele flüchtende Bewohner. Trains, nach einiger Entwirrung, in recht guter Ordnung. –

            In Grodek meldet Schneider seine Eindrücke dem Armee- und dem Oberkommando. Wir erfahren den auf Befehl des Ober-Kommandos gegründeten Entschluss des Armee Kommandos, Lemberg zu halten und mit dem III. Korps einen Gegenangriff vorzubereiten.

            31.8. 2h15 wurde an 4. Armee Befehl gegeben, wenn Entscheidung nicht rechtzeitig herbeigeführt werden kann, ohne Schock durch den von Mosty kommenden Feind zu erleiden, Armee zurücknehmen; Ostflügel über Rawa ruska. -

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