Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
14.10.1914
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
14.10.1914

 

Nachrichten über die Deutschen früh: „Lage vor Warschau unverändert; keine neuen russischen Angriffe erfolgt. Auch Teil des II. sib. bereits dort konstatiert. XXIII und 50 Division sollen nach Warschau dirigiert werden. Bei Kozienice 1 russische Division bereits am Westufer. Deutscher Angriff erwies sich wegen Versumpfung des Angriffsfeldes unausführbar, obgleich ¾ G. Res. dort eingesetzt. Bei Iwangorod Gefecht steht. – Bei Now. Alex. kein neuer Angriff. Kav.Kps. Zwolen, 22. Brig. Layzów ohne Gefecht erreicht. Von 5. Division keine Nachricht. Durch Flieger bei Boniki s.w. Garwolin Übergangsvorbereitung. Bei Maciejowice viel Brückenmaterial. Bei Now. Al. und Kazimierz neuerdings Brückenherstellung im Gange. – Angebliche Absicht der Russen: Vorstoß in deutsche nordwestliche Flanke mit 10 Korps von Warschau und Nowo Georgiewsik; Festhaltung der Österreicher und Deutschen durch 5 Korps an der Weichselstrecke Zawichost-Iwangorod. –

            Befehl für 14.10.: Überall Halt. Deutsche Armeegruppe Warschau bildet hinter Westflügel Reserve. Gros XX bei Warka bereit gegen Warschau und Boniki oder Kozienica abzurücken. 22. Brig. und 5. Div. Zalasi, Kav.Kps. bei Zwolen; Süden Radom zurück Vorgehen auf Warschau.“

            Stimmung in Radom seit Zusage österreichischer Verstärkungen gut. – Diese Notizen mache ich im Zimmer des Chefs; Slamecka liest das Hughes Gespräch vor und sagt noch, auf eine vertrauliche Anfrage Fleischmanns, wie man hier die Situation beurteile, habe er geantwortet, gut; man wolle zuerst mit allen Mitteln die Entscheidung der im Gang befindlichen Schlacht anstreben, erwäge aber „für den Fall, dass es den Deutschen schlecht gehen sollte, noch eine andere Lösung.“ Chef mit dieser Antwort anscheinend nicht einverstanden; er sagt, man werde den Deutschen deutlich zu verstehen geben müssen, dass sie neue Kräfte heranziehen müssten. –

            Von den Armeen vormittags keine Nachricht; nur, dass sich das 2. AK auf das Schlachtfeld von Chyrów begibt. –

            Die Gruppe Pflanzer tritt in den Vordergrund der Disposition. Dieser General hatte zuerst ziemlich weitgehende Instruktionen für eine Wirkung seiner Gruppe gegen Flanke und Rücken der Russen. Tisza tritt jedoch dafür ein (und zwar beim Kaiser) dass Siebenbürgen nicht entblößt werde. Nun wird ein Mittelweg gewählt, der gewährleistet, dass die stabilen Ersatzkörper in Siebenbürgen bleiben. Überdies will das AOK die Verantwortung für die Wirkung der neuen Instruktionen (auch für Rückwirkung auf Rumänien) ablehnen; dies unter Betonung, dass nun ein Einbruch starker russischer Kräfte nach Ungarn und Siebenbürgen nicht verhindert wird werden können. –

            Bis 6 Uhr abends keine neuen Meldungen von Armeen.

Oberst Metzger lässt von der 4. eine abverlangen. Über die 2. weiß man: das AK 9 Uhr vm. in Chyrów mit engstem Stab eingetroffen. Rechter Flügel der Armee wurde ein wenig zurück gedrängt, Gruppe Tersztyánsky ist um 9 Uhr vorm. noch nicht wirksam. Alle Kräfte auf das Schlachtfeld befohlen. Jedenfalls sehr ernster Kampf, umsomehr, als der Feind auch bei Drohobycz Kräfte hat und möglicherweise nun „aller Schund“, der südlich des Dniester stand, herangebracht wird. –

            6h30m meldet 4. Armee:

            „XVII. im Raum Jaroslau-Manasterz kann nicht durchdringen.

            II. flussabwärts bis Sieniawa kann gleichfalls nicht durchdringen. Eccher (3-0-7) versucht Überschiffung bei Dembno.

            XIV überschifft nach hartem Kampf seit 7 Uhr früh bei Rzuchow (bis 11 Uhr vorm. 3 Bataillone; hofft bis Mitternacht die 8.I.T.D. drüben zu haben). Feindliche Kolonne im Vorrücken von Osten gegen Piskorowice gemeldet. 3. und 15. ITD bereitgestellt, 8. ITD zu folgen. Sicherung im Raum zwischen Baranowka und Kopki besorgt 39. ITD, Teile von 15. ITD. Gegenüber Kopki feindliche Vorbereitungen für Brückenschlag.

            Bei Budink 2. und 9. KTD und dort Scheitter.

            Eigene Artillerie beschießt von Bjeliny nach Norden marschierende Trains.

            27. ITD Armee Reserve bei Przeworsk.“

            Die 1. Armee meldet, dass am San herumgeschossen wird und der Marsch der Gruppe Kirchbach (Unterstützung der Deutschen) auf dem westlichen Weichselufer sehr langsam vor sich geht: 2km höchstens per Stunde; schwarze Erde!

            3. Armee meldet abends im Großen und Ganzen: Situation stationär. Munitionsnachschub, Plazierung Festungsartillerie und sonstige Vorbereitungen für planmäßigen energischen Angriff nehmen den morgigen Tag in Anspruch, sodass dessen Durchführung erst am 16. erfolgt.

            Das Resümee des heutigen Tages ist also: die Armeen haben bereits gelernt, dass man im Krieg auch Geduld haben muß.

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