Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
21.10.1914
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
21.10.1914

20./10. 9h10m nm. 1. Armee: Am San beginnen 5h30m n. Angriffe der 3. und 24. aus dem Raum Dorowina und gleichzeitig auch vom rechten Flügel der 24. – Podwolina wurde genommen. Ein Detachement des X. bereits in Sandomierz eingetroffen. An der Weichsel: GM. Richard (106.) in Meierhof Polesie. Im Entstehen: 106. von Sanmündung bis Julianów, 35. weiter bis Solec (wie bisher). – Weiter nach Übersichtskarte. Absicht für die Nacht zum 21.: Deutsche (G ResKps, 22) und I. Korps gehen zurück in Linie 170 südlich Brzezinke, Jedlina Glowaczew; V. bleibt stehen; 37. wird zwischen 14. und 33. eingeschoben, I. bleibt, bezw. sammelt sich im angegebenen Raum. – 10h30m X. meldet, Angriff bei Zarzecze im Fortschreiten.

            4. Armee: Feindlicher Angriff auf Truppenstaffel bei Jaroslau abends abgewiesen. Eigener Angriff gegen die über den San vorgedrungenen Teile des Gegners schreitet fort.

            Munkács 20./10. 1 Uhr nm. klagt über Ergebnislosigkeit der Bitte um Wiedereinrichtung des Verwaltungsapparates in den galizischen Gebieten. Retablierung nach Unternehmungen von Drohobycz dringend nötig, da Truppe seit 3. Oktober ununterbrochen im Gebirgsterrain kämpft, größtenteils aus Landsturm besteht und von Cholera heimgesucht ist.

            Pflanzer: In Bukowina weitere Fortschritte. Jablonica Worochta genommen. –

            2. Armee: 10h vm., Lage 20./10. Abends: Rechter Flügel bei Höhe Magiera ausgedehnt. An Verstärkungen bisher 5 ½ Bataillone auf Höhe Huta eingesetzt. – Während Hauptkraft der eigenen 55. Division von Uliczno auf Popiele vorrückt, geht eine starke feindliche Kolonne auf Drohobycz los. Um Abziehen feindlicher Kräfte gegen 55. ITD zu verhindern, für 21.10. Angriff des IV. und XII. Korps angeordnet. – 2 Kavallerie Divisionen sollen von Boryslaw und Popiele in den Kampf der 55. Division eingreifen.

            3. Armee meldete, dass Armee Etappen Kommando habe genügend Munition, man könne sie aber nicht heran bringen, weil die Staffeln nicht vorwärts kommen. – Nach einer Mittagsmeldung habe sich der Gegner bei Medyka verstärkt. Das AK glaubt, er werde unter Beiziehung von Teilen des IX. Korps geschlagen werden müssen. – Von allen Seiten der Schrei nach Munition und schwerer Artillerie.

            Die 2. Armee wieder glaubt, eine wirksame Aktion gegen „den über die Karpaten zurückgegangenen Feind“ dürfte wirksamer von Stryj aus erfolgen. Die in der Marmaros versammelten Kräfte sollten per Bahn nach Skole gebracht werden.

            2. Armee: 3 Uhr nachm. VI. meldet, dass Angriff auf stark verschanzten Gegner nicht ohne weiters durchführbar ist und nur sehr langsam Raum gewinnen dürfte. Auch bei XIV. konnten bisherige Angriffe nicht durchdringen, werden heute erneuert durchgeführt. (Bei Rudnik russische 33. ITD mit viel Landsturm-Truppe, sowie Regimenter der 6. ITD gemeldet). Die Ablösung des X. Korps abwärts Nisko ist daher nach Auffassung des AK vorläufig untunlich, dafür stehen 2., 6., 9. KTD im Raum bei Nowosielec, 11. bei Gribow zur Verfügung des AOK.

            Abendmeldung 7h30. 31. Ho Kandieska genommen (200 Gefangene, MAG.), Lisij Angriff abgewiesen; bei Zalarski Raum gewonnen. 38. unverändert. – 8. K. erfolgreicher Vorstoß gegen feindliche Infanterie auf Höhe Opaka; 5. K. westlich Kropiwsick gegenüber feindlicher Infanterie mit Geschütz. – Von 2. Lst.Terr.Br. 4 Bataillone bei 31. eingesetzt. – 55. keine Nachricht.

            XII. Angriff im Fortschreiten von Höhe Jankov gegen Stary Sambor.

            An 4. Armee geht eine sehr scharfe Rüge wegen ihrer operativen Ohnmacht. Ich bin kein Freund derartiger Schriftstücke; in diesem Fall hat das AOK aber Recht; die Armee, die wie ich glaube mit dem Korps der I. und 15 Divisionen verfügte, ließ sich durch den Übergang des Feindes überraschen und setzt auch gegen den übergegangenen Gegner ihre Kräfte sehr ungeschickt ein. So scheint es wenigstens von hier aus. Man wird noch abwarten müssen, was das Armee Kommando über den Zustand der Truppe und das Versagen der Aufklärung zu sagen haben wird. –

            In einem Gespräch des Oberst mit Waldstätten beantragt letzterer selbst, dass die erste Armee der 9. unterstellt wird. Die Antwort schlägt dies rundweg ab und wird auch vom Chef gebilligt. Die Gründe dafür sind einige. – Man hätte 1) den Deutschen von Haus aus alles geben sollen, was sie verlangten, 2) wenn man dies schon nicht getan hatte, ihnen unsere Verstärkungen einfach zur Verfügung stellen sollen. – Hindenburg hätte es sicher nicht schlechter gemacht als wir. –

            Die Hughesmeldungen jeder Armee werden immer an die Nachbararmeen, zuweilen auch an alle weitergegeben. Ich halte das für bedenklich. Das Oberkommando soll seine Auffassung der Lage bekanntgeben, soll leiten und befehlen, nicht aber den lieben Herrgott walten lassen. Zudem erfahren die Armeen oft ganz unnötige Details und erhalten eine einseitige, zuweilen optimistische, Auffassung der Lage, die dann gar nicht zutrifft. – Damit aber genug für heute.

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