Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
10.11.1914
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
10.11.1914

8 Uhr vm. Abfahrt von Neu Sandez; über alte Bergstraße Jordanów-Sucha-Saybusch-Bielitz-Teschen; Ankunft 1h30m. – Keinen Tagesbericht gemacht; telegrafierte daher an Militärkanzlie, dass er spät abends kommen wird.

            1. Armee 9.11. 9.15 nm. Abtransport II vollzieht sich sehr langsam und in höchst ungünstiger Form. Infanterie kommt ohne Reitpferde, ohne Fahrküche, ohne Train. Man kann nicht von einem Aufmarsch des Korps, sondern nur von einer Vergatterung reden. Raum bei Zarki kann daher frühestens am 12. mittags von namhafteren Teilen des Korps besetzt werden. Bitte daher bei Oberkommando Ost mit allem Nachdruck zu fordern, dass ½ G.Div. bis 12 Uhr mittags bei Zarki verbleibt; der Schutz Oberschlesiens müsste den Deutschen doch ½ Division wert sein... (Aufgenommen 10.11. 1210 vm.)

            9.11. 9 Uhr nm. Feind hat früh (9/11) mit 2 Ar.G. die Szreniawa s. Miechów überschritten. Im näheren Bereich I und Kavalleriekorps kein Feind; über Konicepol-Szekoczany keine stärkeren feindlichen Kräfte vorgegangen. Eigene Situation unverändert. Vom II. bisher eingetroffen: 4 Bataillone, jedoch ohne Fahrküche, ohne Kompagnie Munitionswagen, ohne Pferde der Berittenen, ohne Trains, nur einfache Kriegstaschenmunition.

            4. Armee. 1115 AK geht jetzt Wielicka, wird 11.11. mittags Krakau verlegt.

            4. Armee. 9hvm. (10./11.) Feind trifft seit 9.11. früh Anstalten zu Weichsel Übergang bei Leka (nordöstlich Dunajecmündung); dem XVII folgte gestern nur Kavallerie. – Eigene Situation: XIV konnte wegen Ermüdung anbefohlenen Raum nicht erreichen; 3. Division blieb nö. Bochnia zurück.

            1. Armee 10.11. 8 Uhr nm. Gespräch Oberst Metzger mit Waldstätten: Metzger: Aus allen Berichten der letzten Tage ging hervor, dass nicht gehalten werden kann. Aus diesem Grunde wurde Oberkommando Ost bedrängt, Zarki und Czenstochau verlässlich zu halten, was Woyrsch nun auch tun will. Über Stimmung bei 1. Armee möge folgende Depesche aus Posen orientieren: Es heißt überall, dass erste Armee nur vorläufig diese Stellung bei Krakau halten will. Nach dieser Stilisierung wird man sich hier zu einer Unterlassung der Sprengung nicht bereit finden; man geht mit der größten Gründlichkeit vor und wird auch schlesische Bahnen sofort beim Zurückgehen der ersten Armee zerstören. Da nach Fernspruch 1. Armee höchstens von 2 Korps angegriffen werden dürfte, vermutet man hier in dem Hinweis auf den nur vorläufigen Halt der Stellung gänzliche Demoralisierung der ersten Armee. Dazu kommt noch gerade jetzt diese Meldung mit dem Rückgehen der Armee Dabrowa. Wie gesagt, hier nicht begriffen, warum 1. Armee nur vorläufig halten will, da sie dem Angreifer einstweilen überlegen ist. Sprengung daher höchst notwendig. – So lautet Meldung. Daraus zu ersehen: Vorsicht in Äußerungen, Vermeiden zaghafter Weisungen und Bewahren guter Haltung bei den höheren Kommandos. – Waldstätten: Versteht nicht, worauf das gemünzt ist Mit Posen nie gesprochen, Thierrys Depeschen waren alle offen gegeben und mit Stabschef von Woyrsch vollkommenes Einverständnis. – Nun ein kleiner Streit; Waldstätten gebraucht Wendung: Wir exerzieren im Bataillonsverband. Metzger sagt: Dieser Standpunkt nicht ganz verständlich, da AOK auch damit rechnen muss, wie die Armeekommandos das Werkzeug in ihren Händen beurteilen. Urteil des 1. AK in letzten Tagen wahrscheinlich mit voller Begründung sehr wenig zuversichtlich. (So Meldungen Raabls). Aus diesem Grunde wurde von AOK Möglichst ins Auge gefasst, dass trotz nicht zu breiter Front, Anlehnung an die Festung 1. Armee 10.11. sagen wird, dass sie am 11.11. marschieren will. Da dies nicht geschah, wird selbstverständlich weiteres Verbleiben und Einrichten in der Stellung befohlen werden. Eingreifen 4. Armee durch Krakau erst für 12.11. in Aussicht. Hier wird es für möglich gehalten, dass sich Hauptkraft russischer 9. Armee gegen Krakau wendet, umsomehr, als alle Fernsprüche vermuten lassen, dass die Russen den falschen Eindruck haben, die 1. Armee sei nach Krakau abgedrängt worden. Es muss also auch mit der Möglichkeit gerechnet werden, dass der Südflügel der 1. Armee nicht stärker angegriffen werden wird und das Verhalten der 1. Armee in diesem Falle erwogen wird. Am Nordflügel kann bis auf weiteres nur Woyrsch das Festhalten verbürgen. Übrigens wird Schaffung stärkerer Reserven am Nordflügel der 1. Armee Sache des 1. AK. sein. Waldstätten: wird geschehen durch das 2. Korps, dieses braucht aber Zeit, um sich zu vergattern.

            Verhandlungen mit Deutschen: Gruppe Woyrsch sichert Auswaggonierung der beiden Korps 2. Armee bei Zarki-Czenstochau.

            Hauptquartier Ost kann wegen Scheidung der Befehlsverhältnisse nicht in eine Verwendung der 2. Armee nördlich Gruppe Woyrsch einwilligen. Begrüßt Idee eines Vorstoßes der 2., 1. und 4. Armee mit Freude. 2. Armee müsste unter diesen Umständen bei Beuthen-Tarnowitz ausgeladen werden, dann den Raum des Lw und GResKps einnehmen, Gruppe Woyrsch würde sich nordwärts verschieben und am österreichischen Vorstoß beteiligen.

            Hauptquartier Ost willigt in Ausladung nördlich W. nur ein, wenn beide Korps deutschen Oberbefehls unterstellt werden. – Antwort abschlägig, mit Begründung dass Auswaggonierung in Lublinitz-Rosenberg der Absicht entspringe die 4 Divisionen der 2. Armee unter ihrem Armeekommando einholen und in engem Einklang (!, jawohl, „engem“ ist das richtige Wort) mit 1. und 4. zu Vorstoß in östlicher oder südöstlicher Richtung anzusetzen.

            Abtransport 9. Armee geht planmäßig vor sich, Offensive dürfte 12.11. beginnen. Zwecks engem Anschluss an Österreicher verschiebt sich Gruppe Woyrsch 10.11. etwas südostwärts.

            Übersicht 10.11. abends: 1. Armee meldet, dass sie im Stande ist, stehen zu bleiben. Wurde nirgends angegriffen, verstärkt ihre Stellung. Vom Feind nur Kavallerie und gemischte Dtachements vor der Front. –

            4. Armee: Truppe sehr ermüdet, viele Nachzügler, verminderter Gefechtsstand, bleibt morgen auf Befehl stehen.

            3. Armee: Nur 4. KTD bei Stryzów unbedeutende Nachhut Gefecht. Sonst vom Feind unbelästigt.

            2. Armee: Am Abtransport; AK dürfte Oppeln eingetroffen sein.

            9. Armee, Gruppe Woyrsch (Lw und 1 Div./GR) in Linie Czestochau-Zarki, bleibt stehen und richtet sich zur hartnäckigen Verteidigung ein. (Dies auf Tisch von Oberst Metzger vorgefunden). – (Einquartierung in einem Hotel; sehr gutes Bettchen, auch für Mitzchen geeignet) Kanzlei im Gymnasium.

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