Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
29.12.1914
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
29.12.1914

Heute kommt die Antwort Falkenhayns. Ihr Tenor ist: Überraschung, dass sich die Lage bei der 3. Armee so geändert hat. Weiters die Nachricht, dass morgen Deutscher Botschafter hierher kommt. 30. 12. früh, ca. ½ 9 teilt mir Oberst Mor mit, dass soeben auch Berchtold ankam und dass um ½ 10 eine wichtige Besprechung sei. – Hohenlohe brachte sichere Nachrichten, dass Russen vollkommen fertig seien. Durch unseren Schock in Serbien kamen sie wieder in Schwung und machen nun ihre letzte Kraftanstrengung. Es gelte nur, noch etwas auszuharren und die Sache sei gemacht. Von einem Eingreifen Rumäniens sei gar keine Idee; die Rumänen seien hiezu viel zu feig.

Pflanzer wurde beauftragt, dass Gruppe Ronay–Horváth weitergehende Angriffe einzustellen, vor allem den Uzsoker Pass zu behaupten, engste Verbindung mit Ostflügel 3. Armee aufzunehmen und diesen Flügel soweit als möglich zu unterstützen habe. (Op.Nr. 1460)

Przemyśl. Vor Südwestfront bezog Feind wieder seine alten Stellungen. Tagsüber vorläufig an ganzer Front ruhig. Vor Nordfront zeigten sich russische Patrouillen in österreichischer Uniform, was die dem AOK zugekommene Nachricht über die Absicht des Feindes, sich gegen die Festung dieses völkerrechtswidrigen Mittels zu bedienen, bestätigt.

Woyrsch. Bei Armee Woyrsch setzte Korps Gallwitz den Angriff fort, dem sich die übrigen Armeeteile am 30. 12. folgendermaßen anschließen sollen: Division Bredow über den Lososina Abschnitt mit nördl. Flügel über Furt westl. Małogoszcz; Ldw.Korps mit 3. Div. von Süden und Westen her gegen Stellungen von Gniedziska, mit 4. unter Beschäftigung des Feindes bei Mnin gegen die Stellungen westl. Lopuszno; XII. und IV. Korps hält Feind durch lebhaftes Feuer fest und ist bereit, in feindl. Front einzubrechen, wo dies Erfolg verspricht. Bei Gruppe Gallwitz griff Fmlt. Fox mit 15 Bataillonen und 10 Batterien der 32. und 35. ITD und des Kav.Korps Hauer beiderseits der nach Opoczno führenden Eisenbahn an und nahm eine Vorposition sw. Wincentynów; im Anschluss nördl. einige Bataillone der Besatzung Posen und deutsche 5. KD bei Bzustow. 7. KD am Brückenkopf von Tomaszów; berittene Abteilungen des Kav.Korps Hauer, ausschließlich der in Stellung verbliebenen Artillerie, Maschinengewehr- und Fuß-Abteilungen, zur Retablierung nach Swolszewice – Golesze zurückgenommen. Fortsetzung des Angriffes unterbleibt, weil Aussicht Wetter Mitwirkung der Artillerie verhindert. Feindl. Angriff auf Jnowlodz und schwächliche Übergangsversuche bei Lubocz abgewiesen.

An Front 9. Armee größtenteils nur Artilleriekampf, durch Nebel behindert; nur beim deutschen XVII. Korps kleine lokale Fortschritte. Bahnanlagen bei Wloclawck durch russische Artillerie vom Nordufer unbekannter Verband beschossen. – Lage bei Mlawa und in Ostpreußen unverändert.

1. Armee: Am Südflügel 1. Armee grub sich Feind gegenüber Gruppe Martiny ein. 24. I.Brig. gelangte mit einem Stand von 1000 Feuergewehren nach Koszyce. Ein feindl. Nachtangriff auf die 14. ITD wurde abgewiesen. Sonst Armee unverändert; gegenüber noch immer etwa 7 russischen Div. in stark ausgebauten Stellungen. II. Korps soll 30. Dezember Angriff der Division Bredow zunächst durch Artilleriefeuer unterstützen.

4. Armee hielt ihre Stellungen. Gegen ihren südl. Flügel bereitet sich nach Auffassung des AK anscheinend ein weiter ausholender Angriff oder eine Umgehung vor. Zur Gruppe Kraliček wird die bis Bobowa gelangte 26. ITD nach bereits erfolgter Einreihung ihres Ergänzungstransportes herangezogen. Gruppe Arz hatte abends und nachts Angriff an und nördl. der nach Luzna führenden Chaussee abzuweisen; Ebenso wehrte Gruppe Ljubičić  heftige Angriffe gegen Höhe Wal unter großen Verlusten für die Russen ab. Gruppe Roth und Křitek unverändert.

3. Armee: Gruppe Tschurtschenthaler (Gros des XVIII, 56. ITD, 8. KTD) hielt sich im Raum bei und östl. Baligrod und ging im Sinne ihrer Instruktion, die Übergänge von Cima und Wola michowa zu decken, nachts in Linie nördl. Kalnica – Jablonki – Höhe Chryszecata zurück. Gruppe Krautwald erstürmte Radoszyce und Höhen nördl. dieses Ortes; ihr rechter Flügel hält Höhe östl. desselben, ihr linker die Trigonometer Höhe 849. Starke Reserve Vidrány. Die Gruppe hat weiterhin die Zugänge ins Laborcza-Tal zu decken und bleibt zunächst in der gewonnenen Stellung. Der 2. ITD folgte Feind bis Czeremcha, wo die Nachhut bis abends ein kleineres Gefecht mit einigen feindl. Bataillonen hatte. Diese Div. wird mit 1. KTD unter Befehl des G.d.I. Meixner in den Raum von Nagybukoa abrücken. Gegenüber VII. und III. Korps gingen Russen mit starken Kräften nicht über die Linie Dukla-Pass – Zydowskie – Swiatkowa vor. VII. Korps beließ Nachhuten bei Rozsadomb, Also Komarnek, sowie östl. und westl. Alsóhimes und nahm Gros in Raum nördl. und nw. Ladomévágása. III. Korps blieb in seiner ausgedehnten Stellung am westl. Ondawa Ufer von F.ódor bis sö. Konieczna und beabsichtigt, da feindl. Einwirkung vorerst nicht zu erwarten, unter starker Sicherung in der Verteidigungslinie Truppe in Raum Zboro und nördl. davon zurückzunehmen. Raum Banica – Bartne wurde vom Feind frei vorgefunden; wohin die dort festgestellten Kräfte abgezogen sind, ist nicht bekannt.

Falkenhayn depeschiert 28. 12. 735 nm ab Strassburg: „Er Telegramm gegenüber dem in Oppeln vor kaum 8 Tagen Gesagten sehr überraschend, sdass ich eingehende mündl. Aussprache zur Aufklärung mir zweifelhaft erscheinender Punkte für unbedingt geboten erachte. Dazu stehe ich jederzeit im Hauptquartier oder in der Nähe zur Verfügung. Mittlerweile scheint mir alles darauf anzukommen, dass Hauptteil der österreichischen Wehrmacht ihre gegenwärtige Stellung unter allen Umständen hält, während deutsche 9. und österreichische 2. Armee weiter versuchen, den Feind mürbe zu machen.“ –

Antwort: Besprechung Oppeln hatte zum Gegenstand, was zu geschehen hat, sobald Russen hinter Weichsel – San Linie zurückgegangen sind. Dies aber ist bis jetzt nicht der Fall. Telegramm vom 27. bezweckte daher anzuregen, was zu geschehen hat, um dieses Resultat herbeizuführen. – Verbündete Kräfte nördl. Weichsel kommen nicht vorwärts; ebenso auch jene südl. der Weichsel unzureichend, um Feind an San zurückzudrücken. Auch in Oppeln hervorgehoben, dass baldiger Erfolg im Westen nicht wahrscheinlich und daher im Osten anzustreben. Neu ist nur Dringlichkeit einer Entscheidung im Osten mit Rücksicht auf das im Frühjahr zu gewärtigende Verhalten der Neutralen. – Selbstverständlich wird nach wie vor daran festgehalten, die dermaligen Stellungen unserer Wehrmacht zu halten, während 9. Armee, unsere 2. und allmählich auch übrige Kräfte nördl. der Weichsel Feind dort zum Weichen bringen sollen. Für mündl. Besprechung Abkommen derzeit absolut unmöglich.

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