Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
07.05.1915
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
7.5.1915

9 Uhr vm. höre ich von Franz, dass Hoyos telefonierte, Burián habe einen Sonderzug nach Teschen verlangt. Er fahre heute 108nm. ab und komme 635 abends an.

10 - 1030 Bolfras. übergebe das Telegramm des Chefs und melde die an mich ergangenen Aufträge. B. zeigt mir allerhöchste eigenhändige Bemerkung zu beantragter Maßnahme: Da die Italiener unerwarteter Weise weiter mit uns verhandeln, bleibt dieses Telegramm noch in suspenso. Weiter beauftragt mich B., Chef zu melden. Exzellenz hält sich an den Satz: Wenn nach dem Angebot noch Schwierigkeiten auftreten. - Gehe dann zu Hoyos 1040m. Dieser sagt mir: Abfahrt erst um 3 Uhr. Frage ihn nach Lage. Er sagt: Vorschläge abgelehnt. Ich: Dies würde gewisse Maßnahmen bedingen; ich müsste Exzellenz Burián darüber melden. Hoyos wird Minister fragen. Dieser lässt mir sagen: Der Vortrag möge Seiner Majestät vorgelegt werden, Seine Majestät jedoch ausdrücklich gebeten werden, ihn erst dann zu resolvieren-, wenn er aus Teschen telefoniert. Melde dies 11 Uhr Bolfras und auf dessen Befehl auch Marterer. -

Melde dies zuerst kurz und dann ausführlicher, und zwar den ganzen Hergang 12 Uhr und ½ 1; siehe stenografisches Konzept.

308 Abfahrt nach Teschen. Es fahren Burián, Stürgkh, Hoyos, Attems. In Gänserndorf steigt Tisza ein. Hoyos teilte mir mit, dass auch Reichskanzler kommt; es sei nun doch nicht ganz sicher, ob Ablehnung gegen uns, tatsächlich erfolgte. -

Die heutige Vormittagsmitteilung gründete sich auf ein Telegramm Bülows der an Bethmann berichtete, es sei abgelehnt worden, von Macchio aber bisher keine Meldung. Deutscher Kaiser und Reichskanzler dürften sehr versöhnlich disponiert sein; Ansicht Buriáns will Hoyos angeblich nicht kennen. Er selbst ist überzeugt, dass Italien den Krieg will. - Entschieden ist dies der schicksalsschwerste Tag im Weltkrieg; bin glücklich, ihn so unmittelbar mitzuerleben.

Abends ¾9 an Teschen. Um 2 Uhr nachts erfahre ich, dass ich morgen wieder nach Wien zu fahren habe; Chef will noch mit mir sprechen. Kundmann sagt mir auch, das wesentliche Ergebnis der heutigen Konferenz sei gewesen: Nachgiebigkeit; wenn aber Krieg unvermeidlich, volle Solidarität. Bis 2 Uhr bespreche ich mit Kless verschiedene Ressortfragen.

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