Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
18.05.1915
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
18.5.1915

Vormittagsnachricht unverändert ernst. Es kommt auch die Bewilligung Seiner Majestät zur Aufstellung der Stand- und Freiwilligen Schützen. Verschiedene Konzepte, um Bereitschaft der SW Front weiter zu erhöhen. Mittags kommt ein Telegramm Falkenhayns: „Der Reichskanzler telegrafiere ihm soeben, dass die Lage in Italien vielleicht doch durch Bewilligung der sofort „mise en effet" zu halten sei. Wien erkläre aber die militärische mise en effet für ausgeschlossen. Meiner Ansicht nach hatten wir uns seinerzeit in Teschen darauf geeinigt, dass im schlimmsten Falle, der ja jetzt vorliegt, die italienischen Forderungen, zu denen auch die sofortige mise en effet, also auch militärisch gehört, anzunehmen wäre, wenn Italien dafür einen ebenfalls sofort zu verfertigenden Neutralitätsvertrag mit Österreich Ungarn unter der Bürgschaft Deutschlands abschließen würde. - Die Gefahr, dass Italien auch diesen Neutralitäts-Vertrag brechen und über die festgesetzten Grenzen des neuen Gebietes vormarschieren könnte, liegt allerdings vor. Sie ist aber nicht so groß, denn Treubruchsmöglichkeiten haben ihre Grenzen in der allgemeinen Verachtung der Welt und ihrem Sitzen zwischen 2 Stühlen. Außerdem würde die Aufstellung auch eines Kordons von Pickelhauben an den neuen Grenzen, die ich seinerzeit zusagte, den Italienern den Entschluss weiterzugehen, sehr erschweren. Auf jeden Fall aber würden wir Monate gewinnen, während derer wir den Balkan und vor allem Rumänien in Ordnung bringen könnten, was ein unschätzbarer Gewinn sein würde. Bitte um Stellungnahme." - Ich halte dafür, dass in diesem Telegramm mehrere Irrtümer sind: 1) Der Glaube an Grenzen der Treubruchsmöglichkeiten; 2) die Wirkung des Kordons von Pickelhauben (die doch jetzt, in den befestigten Stellungen, eine viel größere sein müsste; 3) die Überschätzung des Zeitgewinnes. 4) Die Unterschätzung des „den Balkan in Ordnung Bringens". - Chef telegrafiert trotzdem an Minister des Äußern, man könne der sofortigen Besetzung zustimmen, wenn die entsprechenden Garantien, dass eine Erneuerung der Erpressungen und Feindseligkeiten unterbleiben, geschaffen werden. - 5 Uhr: Teile Pogatscher telefonisch mit, dass ich nun hier zu tun habe und erst nach Wien kommen würde, wenn man mich dringend braucht. Er sagt, die Lage sei nun so, dass eine Wiederaufnahme der Verhandlungen kaum zu erwarten wäre; gegebenenfalls würde man mich aber zitieren. - 6 Uhr: Falkenhayn mit Oberst Tappen beim Chef; überbringt Vorschläge für gemeinsame Operationen im Falle des Angreifens Italiens gegen uns. Bei dieser Konferenz werden folgende wesentlichen Entschlüsse gefasst:

Bis 5.6. gegen I. 10 Divisionen zusammen zu bringen, und zwar:

5 Div./5. Armee im Raum Agram;

2 d., 1 ö. Div. von R im Raum Marburg und südlich davon,

2 Div. nach Kärnten zu Rohr. -

Gleichzeitig mit diesen Transporten würden 2 deutsche Divisionen (1/11.A., 1/5. A.) gegen Serbien laufen und bis 4. eintreffen in Pancsova und Semlin. Das Weitere ist noch offen. Die Deutschen wollen weitere Kräfte gegen Serbien, wir das Möglichste gegen I. bringen. Bis 31.5. muss es sich klären, ob Bulgarien mitgeht. Man hofft noch 8 Divisionen, das Gros der 11. Armee abziehen zu können. Ich rege an, dass womöglich eine bayrische Brigade nach Sachsenburg fährt, um die kurze Linie in das Murtal zu decken.

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