Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
28.08.1915
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
28.8.1915

In Ostgalizien gehen die Russen vor unserem Angriff zurück. Man hat nicht den Eindruck harter Kämpfe. Die Wirkung der Operation gegen Luck macht sich fühlbar; Puhallo und Roth operieren aber so schlecht, so frontal, dass Chef abends ganz wütend ist.

Auf dem südwestlichen Kriegsschauplatz geht es nun den Tiroler Werken an den Kragen. Die Italiener sind mit ihrer jetzigen Munition und neuen Geschützen (30.5 Kanonen) imstande, die Fernkampfarmierung unserer Werke niederzukämpfen. Beide Tonale-Werke, dann die Werke der Ostfront von Lavarone haben stark gelitten; insbesondere Vezzena, das mit der großen Kanone bearbeitet wird. - Vormittag frage ich Seiller mit Hughes über seine Beurteilung der Lage. Er darf aber - wie wir brave Zöglinge gewohnt sind - nur mit Bewilligung seines Abteilungschefs Auskunft geben. Ich sage ihm meine Auffassung: Dass der nächste große Angriff wieder im Görzischen zu erwarten ist, dass keine stärkeren Kräfte von unserer Front nach den Dardanellen gehen und dass es nicht ausgeschlossen erscheint, dass die Italiener gestützt auf ihre artilleristischen Erfolge gegen die Plateauwerke eine ernstere Unternehmung gegen Südtirol planen; glaube aber, dass ein solcher Angriff ohne Verstärkungen von der Isonzofront geführt werden könnte. Krauss lässt mir ausführlich antworten; im Wesen stimmt er mit meiner Auffassung überein. Interessant ist, dass man einen Minenangriff auf Görz erwartet. - Abends interessiere ich mich bei Waldstätten über die Verhältnisse in Tirol, erfahre, dass LSch II, leider mit Cholera behaftet, nach Trient kommt; LSch I hat nur 600 Mann, Ausladung noch unbestimmt. Hoffe, die Tiroler Truppen nun endlich zusammenzubringen und lege Waldstätten nahe, seine Stimme rechtzeitig nach der 8.ITD zu erheben. Er sagt jedoch, dass er nicht unnötig jammern werde. Umso besser. Ich werde aber trotzdem alles tun, um in Tirol Gebirgstruppen zu retablieren. Überhaupt muss ich mir Heeresreserve schaffen. Es kann nämlich eine Lage eintreten, wo ich von nirgendsher Verstärkung bekomme, zumal wenn man den Krieg auf beiden anderen Kriegsschauplätzen mit Volldampf weiterführen will.

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