Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
18.10.1915
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
18.10.1915

4 Uhr früh mit Auto bis Cotici; dann Besichtigung der Höhlen und Kavernen, und vorwärts zu Fuß bis zum Beobachtungsstand der 81. Brigade am M.S.Michele. Schöne Aussicht auf Gradisca und M. Zerlin. Eigene Stellung circa 200 Schritt vor mir. Auf dem Weg nur Geplänkel und Leuchtgranaten. Circa 6 Uhr zurück nach Gabrije zum 20.ITD-Kommando, wo Frühstück bei General Lukachich. Dieser ist voller Zuversicht, lobt seine Truppe außerordentlich, hofft‚ dass die Verluste bei einer neuen Schlacht wohl geringer sein werden, ist aber überzeugt, dass ein neues Trommelfeuer wieder sehr schwere Opfer kosten wird. Er wünscht, wie alle, reichlichere technische Mittel, Möglichkeit der Ablösung (hiezu würde Zuziehung einer Brigade genügen). Verpflegung ist gut. Mehr Gemüsekost wäre am Platze. Von Gabrije Aufstieg auf 212, Besichtigung der dortigen Marinekanone (15/L40), prächtig maskiert, hat schon lange nicht geschossen und überhaupt erst 70 Schuss verfeuert. Dann Besichtigung einiger Lager (bei Lokvica). Überall Steinhütten. Sehr nett. Am Weg Stellung östlich des Vallone gesehen; diese nichts wert, so wie sie anfangs war; wird aber modern ausgestaltet oder richtiger neu angelegt. 12 Uhr ziemlich müde an Kostanjevica. Wieder - wie auch während des ganzen Rückweges heftige Beschießung feindlicher Flieger ohne Resultat, viel Munitionsverschwendung. Hof der LFA-Kn. ist improvisiert. - Mittags wieder neben Erzherzog. Er spricht viel über Tersztyánszky, über seine Erlebnisse in Serbien, in Polen und in den Karpaten, lobt Boroević außerordentlich; nennt ihn einen großzügigen, vorzüglichen Führer, der jedem seine Aufgabe gibt und einen dann in Ruhe lässt. - Schließlich bemerkte er, ich solle, wenn Erzherzog Friedrich darum fragt, melden, dass sein (des Erzherzog Josef Sohn, der junge Erzherzog Josef) bei der 5. Armee zu allem zu verwenden sei. Josef senior will absolut nicht, dass man irgendeine Protektion in der Einteilung seines Sohnes vermutet. Er ist übrigens ganz glücklich über ihn, weil er sich im Feuer so brav gehalten habe. - Seit Mittag sehr heftiges Artilleriefeuer gegen das ganze Plateaufort. Zwischen 3 und 4 Uhr und auch später noch sind die einzelnen Schüsse oft nicht zu unterscheiden. Gehe ¼ 5 Uhr (nach einem kurzen, wohl verdienten Schläfchen) auf Höhe 464 östlich Fajti hrib, von wo aus man die ganze Beschießung prächtig überblickt. Als ich oben ankomme, gegen 5 Uhr, lässt das Feuer übrigens schon nach. Immerhin sind unsere Stellungen, namentlich der Michele ganz in Rauch und Staub gehüllt. Ein eigener, offenbar nach Aisovizza heimkehrender Flieger wird von den Italienern heftigst, aber ganz erfolglos beschossen; man sieht deutlich, wie die Lagen wohl um 1000 m zu kurz sind. -- Nachmittags erfahre, dass ein dringender Befehl für mich bei 5. Armee; wird abends mit Kurier kommen. Der Befehl besteht in einer offenen Order der Südwestfront; also viel Lärm um nichts. - Abends spreche ich mit Erzherzog über die Frage der Heranführung weiterer Kräfte. Er meint, bei ihm hänge alles von den jetzigen Verlustziffern ab. Diese sind erfahrungsgemäß in der ersten Zeit nicht zu groß; schon am 2. Tag aber sind die Deckungen derart zusammengeschossen, dass die Ausbesserung nicht mehr nachkommen kann. Schließlich sagt mir der Erzherzog, ich möge noch bis morgen warten, bis die Meldung da ist, damit das AOK nicht zu früh alarmiert wird.

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