Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
23.10.1915
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
23.10.1915

Rückfahrt mit dem normalen Zug nach Teschen. Kless und Schitler erwarten mich auf dem Bahnhof und erzählen mir, dass sie „schwere Kämpfe“, nicht mit den Maßgebenden, aber mit der Jugend und den anderen Gruppen hatten, um zuerst das Herausziehen von Kräften zu verhindern, dann den Abtransport der 6.ITD zu erreichen. Diese fährt jetzt und zwar auf vorbereitetem Material, dürfte also mit den Tȇten bereits am 26. eintreffen. Auch sonst war die Zeit meiner Abwesenheit bei der I-Gruppe ziemlich bewegt. Falkenhayn gab keine Ruhe wegen des gewissen Befehles des italienischen 2. Armeekommandos. Nach Überprüfung könnte auch das Kommando der Südwestfront diesen Befehl mit Recht anzweifeln. Bis zum 18. waren keine Verschiebungen festgestellt; die Anwesenheit des X. und XIV. Korpskommandos in vorderster Linie und die Vorverlegung des X. KK. konnten mit Sicherheit angegeben werden. Das in der italienischen Skizze fehlende XIII.KK gab aus dem Raum von Strassoldo Ferngespräche. Auch sonst waren schon damals alle Anzeichen da, dass die Italiener einen neuen Angriff beabsichtigten. - Am 20.X. wurde der Abtransport unseres VII. Korps vorläufig verschoben (auf einen Bericht der Südwestfront, weil Schwächung durch diese Abgabe entstünden.) Am 22. meldet das Kommando der Südwestfront, es habe feste Zuversicht, dass unsere braven Truppen auch diesen Angriff ohne Unterstützung durchstehen werden. „Habe zur Sicherheit auch das 5. AK. befragt und angewiesen, jedesmal so genau wie möglich über eigene Verluste und Zustand der Truppe zu melden. Für äußerste Not wurden kleine Reserven, im ganzen 8 - 10 Bataillone, bei Armeegruppe Rohr und in Tirol bereitgestellt.“ Diese Meldung erfolgte auf die mir aus Marburg bekannte Anfrage: „Mit Rücksicht auf Gesamtsituation fällt es dem AOK. momentan schwer, dem Kommando der Südwestfront Verstärkungen zuzuführen. Das Kommando der Südwestfront wolle seine Ansicht aussprechen, ob die zur Verfügung stehenden Kräfte dem neuen allgemeinen italienischen Angriff auch dauernd gewachsen sind.“ - Am 23. endlich wurde gesagt: „Das AOK ist der festen Überzeugung, dass die kampferprobten Truppen im Südwesten dem 3. italienischen Ansturm standzuhalten vermögen. Um jedoch selbst bei längerer Dauer der Schlacht der Situation mit Sicherheit gewachsen zu sein und das unbedingte Festhalten unserer Stellungen im Küstenland, denen nach der Gesamtlage die allergrößte Bedeutung zukommt, im Grunde zu verbürgen, stellt das AOK dem Kommando der Südwestfront die 6. ITD zur Verfügung. Es wird hiedurch möglich sein, unter Aufrechthaltung der höheren Verbände, die nach den letzten Meldungen eingetretenen größeren Verluste zweckmäßig zu ersetzen und auftretenden Schlachtenkrisen verlässlich zu begegnen.“ - Melde mich nachmittags beim General, abends beim Chef und erzähle ihnen meine Eindrücke. Begegne bei beiden dem vollsten Verständnis des Ernstes der Lage und der Erkenntnis der Notwendigkeit, die 6. ITD. heranzuführen. Dagegen ist die Jugend auffallend kühl; einige, so zum Beispiel Fischer, glauben noch immer, das sei keine Schlacht. Dragoilov meint sogar man könne der Südwestfront noch 2 Divisionen wegnehmen. Das sind eben die Auffassungen des Unverstandes ohne Verantwortung.

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