Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
25.10.1915
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
25.10.1915

Da aus der Nachtmeldung die Fortdauer der Schlacht unter wahrscheinlicher Heranführung neuer italienischer Kräfte zu ersehen ist, entschließe ich mich vormittags, ein Übriges zu tun, und auch noch den Zuschub von Truppen in der Stärke eines Infanterie Regimentes und der verfügbaren mobilen Artillerie aus Pola für die Isonzoschlacht zu beantragen. Der Antrag wird genehmigt, - Die Mittagmeldung lässt ersehen, dass gestern und in der vergangenen Nacht tatsächlich an der ganzen Front wütend weiter gekämpft wurde und Kräfte von der Tiroler Front im Antransport zu sein scheinen. - Metzger habe sich gegenüber Kless und Prich geäußert, es scheine ihm, dass die Deutschen jetzt aus naheliegenden politischen Gründen alle ihre Truppen von der italienischen Front abziehen wollen. Es ist ja nicht unmöglich, dass sie uns früher oder später ein Arrangement mit Italien aufzwingen, um unsere Kräfte von der Südwestfront frei zu bekommen. Allerdings dürfen sie die Volksstimmung, die Notwendigkeit einer vernünftigen strategischen Grenze und die bisherigen Erfolge unserer Verteidigung nicht übersehen; endlich wäre doch Italien auch für sie in Hinkunft kein erwünschter Bundesgenosse. Jedenfalls wird man dieser Sache große Aufmerksamkeit schenken müssen. ich mache mir schon Vorwürfe, so leicht dem Abziehen des Alpenkorps zugestimmt zu haben, und erwäge ob ich nicht bei der nächsten Gelegenheit die Forderung stellen werde, deutsche Bataillone an der Südwestfront wieder zu zeigen. Sicherlich fehlt es wieder an der Aussprache zwischen Conrad und Falkenhayn! - Übernehme wieder die Inspektion, wie dies nach Reisen gewöhnlich bald der Fall ist. - Die allgemeine Stimmung in der Operationsabteilung (dem General gewiss unangenehm) geht dahin, dass die I-Gruppe einen Sonderkrieg führt, nur ihre Interessen verficht und das Große ganz aus dem Auge verloren hat. Ich spüre das, höre es aus verschiedenen Andeutungen und werde abends beim Nachtmahl von Fischer (der von der Lage keine Ahnung hat) heftigst angegriffen. Er will mir beweisen, dass der Antransport von Verstärkungen ganz unnötig war; er, der überhaupt nicht an eine Schlacht glauben wollte! Schon nachmittags habe ich den Entschluss gefasst, über die militärischen und politischen Verhältnisse nach der Schlacht ein Referat zu schreiben. Das wird die Sache klären. - Nach Abendmeldung etwas mehr Ruhe; die Nachtmeldung lässt aber schon erkennen, dass die Schlacht andauert. Im Doberdòabschnitt scheinen beim Feind Ablösungen großen Stiles im Gange zu sein.

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