Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
28.10.1915
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
28.10.1915

Vormittags sprach mich Conrad wieder einmal - auf der Stiege -, an, er fragt mich, was es Neues gibt und ob „die Hunde“ noch weiter angreifen würden. Sein Sohn habe ihm über die gute Stimmung berichtet. Ich wiederhole, dass unten alles voller Zuversicht sei und nichts geschehen könne; die Schlacht scheine mir jedoch noch nicht abgeschlossen. Der Mittagsbericht macht denselben Eindruck, wie die gestrigen Meldungen: Fortgang des Angriffes bei der 2., Ruhe bei der 3. italienischen Armee. In diesem Stile halte ich auch das Communiqué; dabei lasse ich Tirol etwas in den Vordergrund treten, weil dort die Italiener wirklich seit dem Verschwinden des Alpenkorps sehr rührig sind und sich nun auch an Riva heranzumachen scheinen. Mittags meint Hoen, man munkle von Friedensabsichten Italiens unter Vermittlung Deutschlands. Bülow und Giolitti hätten einander schon wieder beschnuppert. Auch ich habe solche Ahnungen. So etwas liegt in der Luft. Ich halte aber einen Abschluss dieses glänzenden Krieges ohne Niederwerfung der Italiener und ohne ehrenvollen Frieden für das schwerste Unglück, das uns bei der jetzt so günstigen Gestaltung der Dinge treffen kann. Übrigens liegt gar keine Notwendigkeit zu einem derartigen Entschluss vor; am Balkan geht es doch glänzend weiter und im Norden rührt sich vorläufig nichts Ernsthaftes! Aber bei uns gibt es immer Unken, die im Trüben fischen möchten... - Die Abendmeldung bringt uns der I - Gruppe - eine glänzende Bestätigung unserer Vermutungen und Kalküls: Die Italiener haben die Schlacht nach 3 tägiger Pause an der ganzen Front der 5. Armee wieder aufgenommen. Während beim XV. Korps die Infanterie Angriffe schon in vollem Gang sind, setzte an der übrigen Front erst die Artillerievorbereiteng ein.

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