Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
25.11.1915
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
25.11.1915

Die Italiener setzten gestern und in der vergangenen Nacht ihre Angriffe zwischen der Wippachmündung und S.Martino mit besonderer Energie fort; sie scheinen die am Plateau beabsichtigten Ablösungen erkannt zu haben. Die 6. ITD und 20.HITD vermochten sich der Angriffe in harten Nahkämpfen zu erwehren. Gegen den Görzer Brückenkopf erfolgte kein Infanterie Angriff. Vor Oslavija wurde die bisher vor Folgaria gestandene Brigade Novara festgestellt; der Feind hat somit seit Beginn der 3. Isonzoschlacht 5 Brigaden aus Tirol ins Görzische gebracht. In der Front vom Meer bis einschließlich des Görzer Brückenkopfes befinden sich nunmehr mindestens 20 italienische ITD. Auf unserer Seite kämpfen hier 9 ITD (58, 61, 20, 17, 6, 106, 22, 9, 28), 2 selbständige I.Brig. (187, heranrollend 9) und einige Bataillone aus Kärnten und Tirol. - So legte ich heute mittags die Lage dar. Conrad schrieb mit Bleistift dazu: „20 gegen 10 ½“. - Die einzelnen Meldungen der Südwestfront geben schon wieder kein klares Bild; besonders macht es den Eindruck, dass die geplanten Ablösungen nicht vor sich gehen können. Da weiters auch die Möglichkeit besteht, dass der Feind noch Kräfte von der Tiroler- oder nördlichen Isonzofront heranführt (von Tirol noch 2 Brigaden, vom Isonzo nördlich des Görzer Brückenkopfes vielleicht ebenso viele, also um wieder 1 Korps!), da endlich wir über Verluste und Kampfkraft wenig unterrichtet sind, spreche ich abends wieder mit Salis. Ich bitte ihn um „einige Auskünfte über die Lage der 5. Armee, über die Ablösungen, Reserven, Zustand der Truppen, die in den letzten Tagen schwer gekämpft haben, endlich um die Ansicht, wie lange die Italiener noch angreifen dürften. Auf letztere Frage antwortet er mir sogleich: „Man rechne damit, dass die italienischen Angriffe mindestens bis 30. November dauern werden. Werden sie im Dezember fortgesetzt, so wird man sie ebenso abweisen wie im November. Die Italiener werden kaum mehr viel von anderer Front an den Isonzo heranziehen können. Auf die andere Frage kommt spät abends eine eigentlich recht beruhigende Antwort. Hinter dem Raum von Görz beginnt heute abends die 9. I.Brig. einzutreffen. Das VII. Korps hat eine Menge Truppen hinter der Front; allerdings lauter solche, die in letzter Zeit im Kampf waren. (Im Krieg ist die Musterkarte der Reserve meist sehr bunt; so stehen heute in Segeti 4 B/106, IR 43, 46, 1B/H13, 1B/H 26! im ganzen 12 Baone; dahinter ganz aus dem Feuer in Retablierung die 16.G.Brig., und bei Vojscica, 2B/187 Brig.!) Sehr wesentlich ist es, dass die 28. ITD, die den Abschnitt südlich Mt. dei sei Busi inne hat, gut beisammen ist und am 28.11., nachdem sie durch die 9. vollständig abgelöst wurde, bei Selo stehen wird. - Abends berechneten wir die Verluste der 5. Armee. Der Abschub aus den Korpsanstalten betrug vom 18.10 - 24.11. über 44.000 Verwundete und Kranke. (Tagesdurchschnitt 1.135) Bis einschließlich 13.11. betrug dieser Abschub gegen 31.000 - der Gesamtverlust der Armee 60.000. Dies lässt auf einen Verlust von nahezu 90.000 Mann schließen (Tagesdurchschnitt rund 2200 Mann).

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