Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
10.12.1915
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
10.12.1915

Kageneck sagt mir früh, die Besprechung sei heute um 4 Uhr nm. - Dies stimmt auch. Sie währt ungefähr bis ½ 6h; soviel ich weiß, sprachen die beiden Chefs miteinander allein. Während derselben war auch Straub (Chef des FTW) anwesend. Ich halte gleich fest, was mir General abends über die Besprechung sagt. Conrad hat die Frage des Angriffes auf Italien zur Sprache gebracht. Falkenhayn wollte sich vorerst naturgemäß nicht binden. Es ist noch ungewiss, ob die Entente wirklich von Saloniki abfährt; wenn nicht, was die Griechen unternehmen; weiters ob die Bulgaren auf griechischem Boden folgen und ob sich dadurch ein Eingreifen Griechenlands, sei es mit oder gegen uns (?) ergeben könnte. Jedenfalls könne über die dortigen deutschen Kräfte, die zur Ablösung benötigt würden, erst disponiert werden, wenn diese Situation geklärt ist. Auch gebietet es die Lage noch, für alle Fälle Kräfte gegen Rumänien bereit zu haben. Falkenhayn zeigt sich der italienischen Sache keineswegs abgeneigt, hatte jedoch Bedenken, die daraus entspringen, dass er sich mit diesem Gedanken bisher noch weniger beschäftigte. Er wies auf die Schwierigkeiten des Hochgebirges, der Jahreszeit hin und äußerte auch Zweifel, ob der Erfolg durchschlagend sein könne, ohne die „9“ Divisionen (damit sind offenbar jene deutschen gemeint, die ablösen sollen) dann auch ausreichen würden u.s.w. - Ich habe den Eindruck, die Sache an sich mag Falkenhayn nicht unsympathisch sein, er hat aber ein gewisses, durch seine Erfahrungen vielleicht nicht unberechtigtes Misstrauen gegen die österreichische Durchführung.

An der Front nichts los. Nur in Südwesttirol ging der M. Vies verloren. - So unangenehm es ist: Man muss wieder um Beurteilung der Lage fragen. Seit fast einer Woche wird dort gekämpft. Die Kämpfe nehmen an Umfang zu. Gestern noch meldete Tirol „unter schweren Verlusten des Feindes abgeschlagener Angriff auf den Nozzolo und Vies“ - und heute ist er verloren. Es scheint sich hier die Sache vom Col di Lana zu wiederholen. Man kann sich des Eindruckes nicht erwehren, dass die ganze Führung schläft!

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