Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
12.01.1916
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
12.1.1916

Auf dem russischen Kriegsschauplatz wurde gestern bei der 7. Armee spät abends ein neuerlicher starker russischer Angriff bei Rarancze - Toporoutz abgewiesen; ebenso brach ein tief gegliederter Angriff in der Samuszynschlinge zusammen. Nach der Mittagsmeldung herrschte vormittags Schneegestöber und im allgemeinen Ruhe. In der S. – Schlinge ging der Feind sogar in seine alten Stellungen zurück.

Was Montenegro betrifft, herrscht eine gewisse Spannung wegen der Antwort Buriáns auf die gestern von uns abgesandte Note über das montenegrinische Waffenstillstandsangebot. Wie ich durch ein Telefongespräch Christophoris höre, kam diese Note dem Minister des Äußeren heute um ½ 10 Uhr vm. in die Hand; sie fordert unbedingte Unterwerfung und lehnt bei jeder anderen Lösung die Verantwortung für die weiteren Operationen gegen Montenegro ab. - Heute nachmittags werde ich von Brüch gezeichnet, nachdem ich mich bisher dagegen sträubte - auf Befehl. - Untertags fort Fliegerkorpsreferenz bei Schitler, daher wenig Ruhe.

Es liegen bereits Nachrichten vor, dass die Eroberung des Lovčen in Italien größten Eindruck gemacht haben soll; der König soll zu einer Konferenz mit der Königin nach Rom gereist sein.

Nach den summarischen Standesnachweisungen vom 15. Dezember hatten (Feuergewehre + Offiziere) : Nordfront: 530.000, Südwestfront 305.000, 3.A + BH 103.000. Die Gesamtverluste in der ersten Dezemberhälfte betrugen in runden Zahlen: R 20, I 19, B 3.000. Die serbischen Heeresreste scheinen nun tatsächlich nach Corfu überführt zu werden, das schon von den Franzosen (natürlich nur vorübergehend, da es sich um die Erholung der Serben handelt, und ohne Verletzung der griechischen Souveränität) besetzt worden sein soll. - Burián hat dem Chef zugestimmt, dass den Montenegrinern kein Waffenstillstand bewilligt werden soll, sondern dass sie sich bedingungslos ergeben müssen.

Abends lese ich den Bericht über die Kämpfe um den Col di Lana. Ergreifende Schilderungen, wie unsere Truppen starben. Aber auch der Gegner ist sehr ernst zu nehmen. Unsere höhere Führung (ich meine vor allem das LVK) ist indolent gewesen, sie lässt die Dinge an sich herantreten, statt ihnen zuvorzukommen, lässt die Tapferen verbluten, ohne ihnen rechtzeitig Unterstützung zu senden, Besonders treten in diesem Bericht hervor: Die Überlegenheit der Zahl der feindlichen Artillerie, die Bedeutung der Handgranaten und Minenwerfer.

Werde über die Sache ein kurzes Referat schreiben, das auf die Vorbereitung für künftige Ereignisse, sei es nun neue Angriffe des an vielen Frontstellen schon sehr nahe herangekommenen Feindes oder eigene Offensive hinweisen soll. „Oben“ Ordensstimmung und große Feier, das heißt Sauferei mit nachfolgendem Autotransport.

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