Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
21.01.1916
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
21.1.1916

Für die Entwaffnungsaktion - so höre ich - haben die Montenegriner um eine Fristerstreckung von 24 Stunden gebeten, die ihnen auch gewährt wurde, weil die Durchführung auf Schwierigkeiten stößt. Im Lande sollen, wie mir Pichler erzählt, 17 Besatzungsbataillone verbleiben, in der Bocche weitere 8 Bataillone und eine zur Verfügung des AOK stehende Gebirgsbrigade; die Hauptkräfte sollen die Vorrückung zur Besitznahme von Nordalbanien bis in die Linie Matifluss - Debra (Detachierung nach Kruja) fortsetzen. Scutari ist ehestens in Besitz zu nehmen; ein Raid dorthin ist befohlen, da dort große Verwirrung herrschen soll. - In allen unseren Nachrichten und nun auch in der Tagespresse spiegelt sich die große Wirkung unserer Balkanerfolge auf Italien wider. Ich halte es für ziemlich sicher, dass Italien seine Kräfte aus Albanien zurückzieht, glaube aber, dass nun die Regierung, um sich zu retten, mit aller Verzweiflung einen Erfolg an unserer Front suchen wird. Mitte oder Ende Februar, schätze ich, wird es im Görzischen losgehen. Mittags spricht Christophori über das Projekt, das VII. Korps gegen 2 - 3 Divisionen (Polen, Ruthenen und Tschechen), die sich am nördlichen Kriegsschauplatz neuerdings nicht bewährten, auszutauschen. Ich verhalte mich keineswegs prinzipiell ablehnend, sage ihm aber alle meine Bedenken (darunter auch dass dieses mit dem Doberdòplateau verwachsene Korps vielleicht auf dem russischen Kriegsschauplatz keine allzu große Kampfbegeisterung mitbringen wird), bin für die Beibehaltung der eingelebten Artillerie und betone vor allem, dass die Sache bald und ohne Gasdampf gemacht werden müsste, damit wir unten im Februar für einen Angriff gewappnet sind.

In die Verhandlungen mit Montenegro mischen sich, wie erklärlich, verschiedene Faktoren ein. Kageneck erzählt mir heute, dass in Berlin pessimistische Stimmen laut werden, weil sich die Sache so lange hinzieht. Auch General Cramon fragte abends bei Metzger an, wie es stehe. Unser Kaiser telegrafiert, das 3. AK. sei anzuweisen, dass die Verhandlungen mit den montenegrinischen Parlamentären zu beschleunigen und dass keine zu drückenden Bedingungen zu stellen seien.

Abends spreche ich mit General über das VII. Korps; erfreulicherweise ist er nicht dafür, den Austausch einzuleiten; er denkt daran nur für den Fall, als später hier oben der Bedarf eintreten sollte und zum Ersatz die gewisse BHD Gebirgsbrigade frei werden würde. General ist der zutreffenden Auffassung, dass das VII. auch zu den Truppen „mit großem Schwund unter allen Verhältnissen“ gehöre, unten aber Gutes leiste, was hier noch fraglich ist.

In den I-Meldungen nichts von Belang. Die Gefangenenaussagen über Urlaub lauten nun sehr verschieden; je nach den Truppenkörpern; nach den einen seien die Urlaube ganz eingestellt, nach den anderen werden sie bis 21./3. erteilt. - Zum ersten Mal tauchen in einer deutschen Agentennachricht 5 neue formierte italienische Divisionen auf, die bei Mantua versammelt werden sollen. Ganz unmöglich ist die Sache nicht; es dürften die Regimenter mit Nummern über 200 sein. Menschen haben die Italiener genug.

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