Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
21.02.1916
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
21.2.1916

In seiner Einbegleitung zum Bericht des 5. AK. über die Schwächung der Isonzofront sagt das Kommando der Südwestfront: „Die Weiterleitung des Berichtes an das AOK erfolgt auch aus Gründen der Geheimhaltung gegenüber dem 5. AK. Eine endgiltige Erledigung des Berichtes von hier aus hätte beim 5. AK. den Eindruck hervorgerufen, dass das Kommando der Südwestfront von den Absichten der Obersten Heeresleitung Kenntnis besitze, daher an ihrer Durchführung persönlich beteiligt sei, also im ganzen: Kräfteverschiebungen innerhalb der Isonzofront, deren Ziel nur Tirol sein kann. Nur aus diesem Grunde wäre eine kurze, abschließende Antwort an das 5. AK. angezeigt.“ - Das 5. AK. sagte in seinem Berichte zusammenfassend: Ich und die meiner Führung anvertraute Armee werden gewiss wie bisher alles tun, um die mit dem Blut und Ruhm ihrer Verteidiger bedeckten, nun schon welthistorischen Stellungen am Isonzo gegen jeden Ansturm auch weiter zu halten. - Wie dem Kommando der Südwestfront bekannt ist, habe ich während des ganzen Krieges niemals um eine Verstärkung gebeten und niemals auch nur ein Wort gesagt oder geschrieben, welches auf mangelnde Zuversicht hätte schließen lassen können. Zahlreiche, sehr kritische Situationen wurden innerhalb der Armee überwunden und kamen höheren Stellen überhaupt nicht zur Kenntnis. Ich bin überzeugt, dass die jetzt im Gange befindliche Schwächung der 5. Armee eine Notwendigkeit ist und maße mir kein Urteil über den Umfang derselben an. Ich würde mich aber einer Pflichtversäumnis schuldig machen, wenn ich nicht besonders darauf hinweisen würde, dass die Armee qualitativ um mehr als die Hälfte reduziert wird, was dem Gegner nicht verborgen bleiben kann.“ (Conrad schrieb dazu: „Damit ist die Verantwortung auf das AOK geschoben und dieses wird sie auch tragen“).

Das Kommando der Südwestfront rechnete der 5. Armee alle Fehler in ihrer Zahlenangabe nach und sagt resümierend: „Wenn das AOK, in einem für die Gesamtentscheidung maßgebend erachteten Raum die zu einem Kriegsschlag erforderlichen starken Kräfte versammeln will, so ist dies nur durch vorübergehende Schwächung an der Front möglich. Wir dürfen dem AOK die Durchführung seines gewiss nach reiflicher Beurteilung der Lage an allen Fronten gefassten, schweren Entschlusses nicht durch Gegenvorstellungen erschweren. (Bemerkung Conrad: „Das AOK hat die Nerven, sie zu ertragen.“) Wenn ich daher den Bericht an das AOK. weiterleite, so erfolgt dies nur, weil ich der Obersten Stelle die Beurteilung der Lage durch das AK. nicht vorenthalten will. Ich kann dies umso mehr tun, als das AK in dem Bericht die Versicherung ausspricht, ungeachtet der Schwächung der Armee wie bisher alles zu tun, um die historischen Stellungen am Isonzo auch fernerhin zu halten. Je mehr das AK von der harten, aber unabweislichen Notwendigkeit einer vorübergehenden Schwächung der I-Front überzeugt ist, je mehr es diese Überzeugung und die daraus entspringende Forderung doppelter Anspannung aller Kräfte bei Führung und Truppe nach unten zu übertragen vermag, desto zuversichtlicher kann das AOK darauf rechnen, dass die 5. Armee im Falle eines großen feindlichen Angriffes ihre wesentlich erschwerte, dafür aber im Rahmen der Gesamteescheidung umso wichtigere und ehrenvollere Aufgabe auch künftighin erfolgreich lösen wird.“ - Wir sagen darauf (an beide Kommandos): „Das AOK ist sich der durch seine Entschlüsse entstandenen, vorübergehenden schwierigen Lage der 5. Armee bewusst und weiß daher die aus dem Bericht sprechende, ruhige und zuversichtliehe Auffassung des AK voll zu würdigen. Übrigens wird das AOK. trachten, das Kräfteverhältnis an der I-Front wenigstens der Zahl nach und artilleristisch wieder zu bessern, für den Fall eines neuerlichen, großen italienischen Angriffes aber wie immer helfend einzugreifen.“

Früh besuche ich Ratzenhofer, um von ihm 2 Sachen zu erfahren: 1) Weann die 59. ITD und die ihr voraussichtlich folgenden 4 Bataillone aus der Bocche abgerollt sein können. 2) Wann ein Befehl zum Transport der Truppen des III. Korps gegeben werden muss. Er sagt mir, es laufen jetzt täglich bis zu 52 Züge nach Trient; also rund 40 Material- und Truppenzüge, was ja dem Kalkül im Grunde entspricht.

Abends eine Menge Stücke von der Südwestfront, die ich gleich bearbeite: Anforderung von Kavallerie für die Heeresgruppe (Unsinn! „Wird aber im Auge behalten“.) - Fliegerunternehmungen gegen die Piavebrücken (Genehmigt, ab 10. März Bereitschaft hiezu); Sperrung des Privatverkehres über den Brenner, Einstellung von Urlauben nach Tirol (Begründung mit Epidemie Gefahr). - Weiters verfasse ich die Direktiven an die Flotte. - Dann Besprechung mit Glatter wegen Etablierung von Radiostationen in Kärnten zur Vortäuschung eines Aufmarsches.

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