Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
07.03.1916
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
7.3.1916

Wieder liegt ein ganz famoses Telegramm Falkenhayns über die Türken vor. Diese wären also eigentlich zur Ablösung einer nach der Westfront abgegangenen deutschen Division bestimmt und überdies - wie Falkenhayn zur Vermeidung von Missverständnissen versichert - wird es noch „längere Zeit“ dauern, bis die Spitzen eintreffen. So werden wir mit den Türken schon einen ganzen Monat an der Nase herumgeführt.

Um ein gutes Disponieren und eine gründliche Vorbereitung des Durchbruches der 11. Armee zu erreichen, schicken wir ihr durch die Südwestfront die Befehle für die Durchbruchsschlacht von Gorlice mit entsprechenden Bemerkungen. Hauptsächliche Momente: 1) Das Wirkungsfeuer, dem nur das Einschießen und das wellenartige Feuer in der Nacht vor dem Sturm, nicht aber eine mehrtägige mäßige Artillerietätigkeit, voranzugehen hat, darf nur wenige Stunden dauern; umso größer kann und muss seine Heftigkeit sein. 2) Der Durchbruch beruht auf vollendetem Zusammenwirken zwischen Infanterie und Artillerie; er braucht daher eine besonders gründliche, bis ins Detail gehende technische Vorbereitung. Die von der gebräuchlichen Art des Disponierens abweichenden, sehr einfach zu haltenden Befehle müssen namentlich die Zeiten und die Gefechtsstreifen scharf begrenzen. „Diese Grundsätze haben sich wiederholt bewährt und werden daher auch von der 11. Armee anzuwenden sein.“ - Sonst nur Kleinarbeit. Besonders viel habe ich mit der Eisenbahn zu tun. Fleischer, der sehr tüchtig zu sein scheint, hat jetzt unsere Sache in Händen. Nach einer Besprechung am Abend scheint mir das Ergebnis der bisherigen Eisenbahnbewegung kein ganz befriedigendes zu sein: Im Groben ist von Artillerie und Munition erst 1/4, vom sonstigen Material noch nicht 2/3 abgerollt. Die Eisenbahn kann eben nicht so viel leisten, als ursprünglich veranschlagt wurde; der Grund liegt in der Abnützung des Materials und wohl auch in der Überlastung der Schienen. 19 Monate Krieg! Man spürt es an sich selbst, was das heißt!

Anscheinend ziemliche Besorgnis wegen Rumänien; die B-Gruppe ist schon beauftragt, für alle Fälle vorzudenken.

An unserer Front nichts Neues. Der Austausch zwischen Brigaden der Tiroler und küstenländischen Front geht weiter, aber eher im Sinne einer Verstärkung der küstenländischen.

Abends interne Besprechungen über das Verhalten der 5. und 10. Armee im Falle eines Zurückgehens der Italiener. Befehle hiefür würden natürlich erst viel, viel später ergehen.

Abends sagt mir Kaltenborn, er müsse dem Erzherzog Karl morgen die Zusammensetzung seines Stabes hughesieren. Er lege besonderen Wert darauf, keine „Messerhelden“ (gemeint sind Leute, die mit dem Messer essen), zu bekommen, sondern nur „einen gut zusammengestimmten Stab“. Das ist deutlich. Er wird übrigens den Ernst der Sache schon erfahren, wenn die ersten Granaten kommen! Kaltenborn, der doch sonst immer in Unterwürfigkeit erstirbt, kann nicht genug erzählen, wie gering das Interesse des höchsten Herrn an der ganzen Sache ist. Da muss es wirklich schon arg sein!

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