Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
18.03.1916
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
18.3.1916

Morgens Meldung Fleischmanns über den schon seit mehreren Tagen erwarteten Angriff der Russen auf die deutsche 10. Armee. Bei uns ziemliche Besorgnisse, weil (wie Bálványi sagt) Hindenburgs Kräfte wie ein Butterbrot aufgestrichen sind. Ich sehe aber, dass er immerhin schon 2 Divisionen als Reserven zusammengekratzt hat; und eine deutsche Front wird nicht durchbrochen, auch nicht von einer 2 ½ fachen Überlegenheit, die angeblich. da ist. - Oberst v. Einem aus Bern ist hier. Er erzählt mir, wie schwierig jetzt seine Stellung ist. Unsere Konfidentin hat den 4. Hughesstreifen wegen zu strenger Visitierung durch die Schweizer Behörden auf unserem Gebiet weggeworfen. Wir werden nach näherer Einholung der Daten noch überlegen, was nun zu tun ist. - Nach Mittagsmeldung ist die eine demonstrative Unternehmung bei Tolmein vollständig geglückt. Gestern nachmittags nahm das bh. JägerBaon. 6 am Nordhang von Sv. Maria eine feindliche Stellung und nahm gegen 500 Italiener gefangen. Natürlich tragen wir im Communiqué stark auf und betonen nach wie vor die Kärntner Front, an der das Artilleriefeuer tatsächlich andauert.

Nach der Abendmeldung ist die Gesamttätigkeit des Feindes an dieser Front lebhaft, und zwar an der ganzen, also auch am karnischen Kamm. Zum ersten Mal 2 Flieger überm Gail- und Lesachtal. Kein Zweifel: Cadorna richtet seine Aufmerksamkeit dorthin. Wir lassen auch kein Mittel unversucht, diese Vorstellung, die hoffentlich den Feind noch wirklich beherrscht, weiter aufrecht zu erhalten. Heute geht noch ein Hughesstreifen ab.

Die Zeitungen bringen eine ganze Reihe von Nachrichten über die Reise des Erzherzog Karl Franz Josef. Der Radio Aufmarsch wurde verlängert - um weitere 5 Tage. - Sonst heute nichts Großes.

Über das Einschießen der Artillerie sagen wir: Wegen Verzögerung der Angriffsvorbereitungen gewinnt möglichst langes Aufrechterhalten der Ruhe unsererseits im Angriffsraum an Bedeutung. Demgemäß ist der bisherige früheste Termin für den Beginn des Einschießens möglichst hinauszuschieben; doch müssen (dies eine Konzession an Pflug) Ordnung und Präzision des Einschießens als Grundlagen des Wirkungsfeuers gewährleistet bleiben. - Boroević scheint sich nun doch mit dem Gasangriff zu befreunden; wir schicken ihm daher den Hauptmann Ow des Spezialbataillons für die Vorbereitungen hinunter. -

Abends erzählt Schitler, Klepsch habe Conrad um Bekanntgabe gebeten, welches Korps der Erzherzog Karl kommandiert, worauf Conrad antwortete, die Veranlassung dieser Frage sei zu melden. Wahrscheinlich hat jemand getratscht; vielleicht kommen auch von Kageneck Informationen, der jetzt in Wien ist und gute Verbindungen in Hofkreisen hat.

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