Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
21.03.1916
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
21.3.1916

Kageneck von Wien zurück; erzählt, dass dort alles von der bevorstehenden I-Offensive spricht, fragt nach den Divisionen 3, 34 und 62, die ich ihm ohne weiters zugebe, dann nach dem Kommando des Erzherzogs Karl, worüber ich natürlich keine Auskunft gebe; führe dieses Gerücht auf einen Budapester Artikel zurück. Habe aber den Eindruck, dass die Deutschen noch nicht wissen, was in Tirol los ist; sie Glauben eher an den Isonzo.

Heute kommt die endgiltige Order der 11. Armee. Diese zählt, ohne die stabilen Truppen und Geschütze der Kampffront: 114 Bataillone, 428 MG, 10 Esk., 38 Infanteriegeschütze, 42 GK., 20 FH., 10 GH., 68 s. Bt. = 492 leichte und 215 schwere Geschütze = 707 Geschütze. (Also pro Infanteriebataillon 4 MG., 1/3 Infanterie, 4 leichte, 2 schwere Geschütze).

Mittags Referat über die Direktiven für nächste Zeit nach dem Abgehen des Kommandos der Südwestfront nach Bozen. Sie lauten: 1) Das Kommando der Südwestfront geht demnächst nach Bozen ab, wo Seine k.u.k. Hoheit mit allerhöchster Genehmigung den Befehl über die in Tirol in Versammlung begriffene „Heeresgruppe Generaloberst Erzherzog Eugen“ übernimmt, die aus der 11. Armee (G.d.K. Dankl), der 3. Armee (G.Obst. v. Kövess) und den übrigen Kräften in Tirol unter Befehl des LVK (G.d.I. Roth) gebildet wurde. 2) Am Tage des Abgehens des Kommandos der SWF treten die 5. und 10. Armee unter unmittelbaren Befehl des AOK. 3) Die Heeresgruppe hat die Aufgabe (wie in Op. 21.200). Hiezu ist vorläufig angeordnet, dass die 11. Armee (wie in Op. 21.200). Die Verwendung der 3. Armee hängt von der weiteren Entwickelung der Lage ab. 4) Das Verhalten der übrigen Streitkräfte im Südwesten wird sich darnach richten müssen, wie sich die Wirkung des Stoßes oder schon der drohenden Versammlung der Heeresgruppe fühlbar macht. Außerhalb des Angriffsraumes der aus Südtirol operierenden Kräfte wird der Zeitpunkt, aus der Verteidigung herauszutreten, gekommen sein, wenn dies angesichts eines Zurückgehens oder einer Schwächung des Feindes ohne große Opfer möglich scheint. Nach dem Kräfteverhältnis kann der Anstoß zu diesem Handeln nur aus der Front kommen; die höhere Führung wird es in die richtigen Bahnen zu lenken haben. Im Gebirge würden die operationsfähigen Truppen in die Haupttäler einzusetzen sein. Der Heeresgruppe fällt das Piave Gebiet zu, wo (besonders) die Richtung über (Alleghe) Agordo am raschesten in das Becken von Belluno-Feltre führt. (Östlich der Wasserscheide zwischen Piave und Tagliamento hätte die) 10. Armee (an) den oberen Tagliamento vorzugehen. () sind Einschaltungen. Ich habe gesagt, was jeder Armee zufällt, keine Grenze detailliert, weil diese durch die Wasserscheide selbstverständlich gegeben ist, und habe den Ausdruck „vorzugehen“ vermieden, damit nicht an eine „breite Front“ gedacht wird.} Südlich der Linie Krn M. Maggiore - Gemona hätte die 5. Armee, der das XV. Korps vom 1. 4. an wieder unterstellt wird, gegebenenfalls dem Feind an die bezeichnete Tagliamento Linie zu folgen, möglichst bald aber je eine operationsfähige lTD an die Eisenbahnen bei Görz und Tolmein zu stellen. 5) Luftaufklärung: Westlich Piave Heeresgruppe, östlich 5., im oberen Tagliamento Gebiet 10. Armee. 6) Wo immer der Krieg in Feindesland getragen wird, ist er mit jener Rücksichtslosigkeit zu führen, die der verräterische Feind verdient. Je mehr feindliche Bevölkerung ins Innere Italiens getrieben wird, desto besser. Schonungslose Requirierung aller Hilfsquellen muss unsere Versorgung erleichtern. 7. Diese - in ihrem vollen Umfang geheim zu haltenden - Direktiven werden in allen Fällen ausreichen, um das Zusammenwirken der Lage anpassen zu können. (Folgen Bestimmungen formeller Natur). - - 34. ITD bleibt über Wunsch Metzgers zur Verfügung des AOK an der Bahn. Er scheint doch Sorgen im Nordosten zu haben; anscheinend arbeitet die R-Gruppe in diesem Sinne. Ich glaube, es ist keine Gefahr da; die Russen greifen doch an der ganzen Front Hindenburgs an! - Wegen deutschem Verbindungsoffizier wird SWF angewiesen, ihn nach Bozen mitzunehmen, wenn die Deutsche Oberste Heeresleitung nicht anders verfügt. - Abends beim Rapport sagt mir General, dass er als nächste abzuschiebende Verstärkungen das 10. ITD Kommando mit je einer Brigade der 10. und 11. ITD in Aussicht nimmt. - Abends kommt das Cadorna Communiqué vom 20. 3., in dem das Eintreffen von Verstärkungen und viel Artillerie unsererseits in der Val Sugana gemeldet wird. - Die 5. Armee ist nach den geringfügigen Demonstrationen am Görzer Brückenkopf nun ganz untätig; Bosco will offenbar nichts dazu beitragen, dass andere Lorbeeren ernten. Im Gegenteil, nach seinem Charakter ist anzunehmen, dass er ihnen wünscht, die Italiener mögen alles gegen Tirol dirigieren, damit es womöglich schief gehe, und er dann etwa als der Held von Udine dastehe. - Es wird also, wenn sich die 5. auch weiterhin nicht rührt, notwendig werden, ihr wieder Leben einzuflößen.

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