Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
07.04.1916
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
7.4.1916

Frisch und munter, schon nach einem Brief an Mietzchen, registriere ich die gestrige Meldung des Heeresgruppenkommandos und unsere Antwort. Die Meldung lautete: Das 11. AK. meldete: Die Schneeverhältnisse im Angriffsraum, besonders auf Cima di Vezzena, dem ganzen Plateau von Vielgereuth und Col Santo sind sowohl durch die Schneehöhe als dadurch, dass der Schnee nur nachts zum Teil trägt, derartige, dass der Infanterieangriff nur äußerst langsam vorgetragen werden könnte, Erschöpfung der Mannschaft bald eintreten müsste, und das Artilleriefeuer viel von seiner Wirkung einbüßen würde. Die notgedrungene langsame Vorrückung würde die Verluste erhöhen, welche noch durch die infolge Nächtigung im Schnee hervorgerufenen Krankheiten vermehrt würden. Unter diesen Umständen, welche den Erfolg der angelegten Aktion beeinträchtigen, wenn nicht ganz in Frage stellen, beantrage ich, den Zeitpunkt des Angriffsbeginnes bis zum Eintritt günstigerer Verhältnisse zu verschieben. Da eine gründliche Besserung der geschilderten Verhältnisse sich nicht im Voraus feststellen lässt und auch in wenigen Tagen nicht zu erwarten ist, wäre mir der Zeitpunkt des Angriffsbeginnes zu überlassen, wobei das Heeresgruppenkommando überzeugt sein kann, dass ich einen möglichst frühzeitigen Beginn, als im Interesse des Ganzen gelegen, anstreben werde.

Das Heeresgruppenkommando hat auf Grund der durch den Generalstabschef an Ort und Stelle erhaltenen Eindrücke diesem Antrage beigestimmt. Selbst im Falle anhaltend günstiger Witterung dürfte eine wesentliche Besserung nicht vor 2 Wochen zu erhoffen sein. 11. AK. wird angewiesen, über diese Verhältnisse fortlaufend zu berichten und sobald der Zeitpunkt für den Angriffsbeginn annäherungsweise festgestellt werden kann, diesen zu melden. Unsere Antwort: „Da sich der Kommandant der 11. Armee der - übrigens auch auf politischem Gebiet und im Zusammenhang mit anderen Kriegsschauplätzen zu suchenden Bedeutung eines frühzeitigen Angriffsbeginnes bewusst ist, hat das AOK seiner im letzten Satz des Befehles Op.Nr.23.514 ausgesprochenen Auffassung nichts hinzufügen. [Dieser Satz besagt, dass das AOK vor allem volle Sicherheit für den Erfolg des ersten Stoßes haben will und überzeugt ist, dass keine Zeit verloren wird]. Über die den Zeitpunkt beeinflussenden Verhältnisse ist das AOK auf Grund der vom 11. AK. abverlangten fortlaufenden Meldungen eingehend zu orientieren. Als Richtlinie für das Handeln aller hat zu gelten, dass nun durch Kraft des Stoßes ersetzt werden muss, was an Überraschung verloren geht. AOK hat hiebei nicht nur weitere Verschiebungen im Sinne des erwähnten Befehles im Auge, sondern empfiehlt auch (teilweises, dieses Wort von Conrad) Vorziehen der Artillerie der 3. Armee zur Unterstützung des Angriffes, wobei, für unbedingte spätere (rechtzeitige, dieses Wort von Conrad) Herstellung der Verbände vorzudenken ist. Ablenkung der Aufmerksamkeit des Gegners auf andere Fronten wird weiter mit allen Mitteln betrieben werden.“

Nach den Morgenmeldungen in Tirol mehrere kleinere Unternehmungen und Kämpfe mit durchaus für uns günstigen Ausgang. Nördlich des Tonalepasses 2 feindliche Gräben durch Minen gesprengt, bei Riva an der Ponalestraße, dann auf Cima Undici (Marmolata Nordwand) kleinere italienische Angriffe abgewiesen. Auch die Unternehmung zur Säuberung des Rauchkoflrückens gelungen (122 Gefangene, 2 MG). Sonst nichts Besonderes. An der küstenländischen Front wieder gestern nachmittags stärkeres feindliches Artilleriefeuer. - Im Angriffsraum der 11. Armee ist der Schnee in den letzten 4 Tagen um 20 - 80 cm abgeschmolzen, auf der Hochfläche von Vielgereuth liegt er aber noch immer 1.5 m hoch.

Die Russen greifen erneuert Hindenburg an. Es könnten also von unserer Front zweifellos noch Kräfte gegen I. abgegeben werden. Wie ich aber einer Äußerung Metzgers beim Mittagsrapport entnehme, befürchtet man noch immer eine russische Offensive Ende April oder anfangs Mai. Ich bin überzeugt, dass die Russen an 2 Stellen nicht mehr die Kraft haben und vor allem nicht die Artillerie zusammenbringen. – Abendresümee: Im Angriffsraum der 11. Armee 62 schwere, 65 ½ sonstige Batterien. Auch die 42er ist, wie Hauptmann Liebl heute nachmittags mitteilte, in Stellung, ohne dass die Friccastraße beschädigt wurde. Gegen Rocchetta-Raum starkes Artilleriefeuer, Feind nahm hier eine vorgeschobene Sappe. - Schöner Gefechtsbericht über Rauchkofl-Unternehmung, bei der sich auch das LIR 36 (Kolomea) auszeichnete. In Asiago wurde ein neuer Flugplatz errichtet, der von einer Flugzeugstation belegt wird, mit welcher anscheinend die Oberste Heeresleitung disponiert. - Uzelac teilte mir aus Triest telefonisch mit, dass heute früh die Bahnhöfe von Casarsa und S.Giorgio, namentlich ersterer mit großem Erfolg bombardiert wurden; leider gingen wieder 3 Flugzeuge verloren.

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