Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
14.04.1916
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
14.4.1916

Ein neues Büchlein, das sicher die größten Ereignisse auf meinem Kriegsschauplatz enthalten wird. Also „Mit Gott“ – Vor allem mit dem Heiligen Petrus, der nun der wichtigste Patron für uns ist. Ich trage zunächst das gestrige Abendresümee im Auszug nach: Bei der 11. Armee im Angriffsraum 72 ½ schwere, 98 Feld- und Gebirgsbatterien (also 170 Batterien!) in Stellung. Beide Seilbahnen auf die Hochflächen wieder im Betrieb. Im Etschtal und auf den Hochflächen Lage unverändert; die Werke Gschwent und Lusern zeitweise unter schwerem Feuer. Beiderseits des Suganatales andauernd Kämpfe um unsere Feldwachenstellungen, unsererseits 2 ½ Kp., italienischerseits etwa 3 Bataillone im Gefecht. - Bei der 3. Armee ist auch die 21.GBrig. eingetroffen (Raum von Terlan). Somit ist die ganze Heeresgruppe versammelt, es fehlen nur noch einzelne Bataillone und kleinere Partikel. - Bei Riva heftiges Feuer gegen unsere Stellungen bei der Defensionsmauer 1.Sperrzone, von der der Feind einen Teil in Besitz genommen hat. An der Tiroler Ostfront nur unbedeutende Artilleriekämpfe. - Wetter teilweise bewölkt, warm. - Bei 10. und 5. Armee keine besonderen Ereignisse; unser demonstratives Artilleriefeuer in Kärnten ist durch unsichtiges Wetter stark behindert. Ein italienischer Angriff auf eine in der vergangenen Nacht von uns genommene Stellung auf dem Mrzli vrh scheitert nach großen Verlusten der Italiener.

Feind: Nach Gefangenenkorrespondenz ist es wahrscheinlich, dass die neuformierten Regimenter - wenigstens zum Teil - nur in Brigaden, nicht aber in Divisionen zusammengefasst wurden, wofür übrigens auch die Artillerie fehlen dürfte, da nur Einem eine bestimmte Nachricht von der Aufstellung eines Feldartillerie Regimentes, und zwar mit der nächst höheren Nummer vorlag. Hiernach ist die Bildung einer Reservearmee aus Neuformationen allein unwahrscheinlich.

Auf mein beständiges Drängen nach weiteren Kräften sagte mir General gestern die 24.LstGBrig., die mit dem Gros Besatzung von Scutari ist, zu. Es wird noch zu erwägen sein und von der Lage abhängen, ob diese Brigade, die übrigens nur 1 brauchbares Jägerbataillon, sondern nur alte Landstürmer hat, an den Isonzo oder nach Tirol zu geben sein wird. Ich bin eher für letzteres, weil sie dort zur Ablösung besserer Bataillone dienen kann. Nach der gestrigen „Wohltätigkeitsvorstellung“ komme ich noch einmal auf den Zuschub von Kräften des russischen Kriegsschauplatzes zu sprechen, wobei mir Metzger gesteht, auch er denke an diese Sache, könne aber nichts hergeben, solange nicht klar sei, was der Russe tut (!). Immerhin stünde schon die 13.LITD an der Bahn und könne mit 10 Zügen täglich fahren.

Heute ein sehr bewegter und - wie die Juden sagen würden. - ein „schwarzer“ Tag. Schon die Vormittagsmeldung aus Bozen lautete nicht eben angenehm, obwohl es sich der Hauptsache nach nur um die Aufgabe einer vorgeschobenen Stellung bei Riva handelt. Ich bin genötigt, das Communiqué trotz der Kriegsanleihe ziemlich düster zu halten, um damit vielleicht bei den Italienern doch noch den Eindruck zu erwecken, als ob wir in Tirol nicht genug stark wären. Mittags bemühe ich mich, da nach dem Wetter weitere Verzögerungen wahrscheinlich sind, mehr schwere Artillerie zu erhalten; werde aber bei dem Faible, das der General für Zeynek hat, die 5. Armee (um eine Mörserbatterie) ersuchen müssen. Mittags spreche ich mit Salis über 2 wichtige Fragen: 1) ob die 24.LstGBrig. in ihrer jetzigen Zusammensetzung willkommen wäre, 2) über den Zeitpunkt von Verstärkungstransporten; das heißt, ob es nicht mit Rücksicht auf Unterkunft, Verpflegung und operative Verhältnisse erwünscht wäre, mit solchen Transporten zuzuwarten, bis die 11.Armee Platz gemacht hat und die Transporte bis nahe an ihre Bestimmung durchfahren können. Hierauf kommt abends (nachdem Salis die Meinung von Krauss einholte) die Antwort, dass sich für Verstärkungen vor etwa 3 Wochen keine Verwendungsmöglichkeit ergeben würde; diese Einheiten sollten daher lieber außerhalb des Bereiches von Tirol hergerichtet werden. Habe mir das auch so gedacht und werde nun darnach handeln; denke an Retablierung der 24.GBrig. bei Bosnisch Brod; überdies wird Boro eine Division (wenigstens) bis etwa 1. Mai bereitzustellen haben Das soll morgen noch überlegt werden.

Aus den heutigen Feindesnachrichten geht zum ersten Mal klar hervor, dass die Italiener größere Verstärkungen, teils von dem hinter der Isonzofront gestandenen Armeekörper, teils neue Formationen, an die Tiroler Front verschieben. Bisher standen zunächst an dieser Front 8 Brigaden. Mit mehr oder weniger Sicherheit festgestellt wurden 4, die anderen 4 dieser Divisionsverbände sind zu vermuten. Man hat also vorläufig mit 12 - 16 Brigaden = 6 - 8 Divisionen zu rechnen. Da braucht einem noch nicht bange zu werden; wir haben vorläufig 31 Brigaden (von den Besatzungstruppen abgesehen) und eine ungeheure Artillerie, die uns der Feind nicht nachmachen kann und die ich noch um einige „Kleinigkeiten“ zu verstärken hoffe. Hauptsache ist das Wetter, immer wieder das Wetter. Nach Salis‘ Mitteilung ist der Abend sehr kühl aber klar. Auch Höger Paul, mit dem ich abends sprach, prophezeite Ausheiterung.

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