Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
19.04.1916
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
19.4.1916

Zu meinem Geburtstag in aller Frühe eine gute Nachricht über das Wetter in Bozen: Heiter, Windstille, warm, im Schatten 16°, in der Sonne 20°C. Also hoffentlich zögert Dankl nicht weiter; auch die Ostertage dürfen kein Hindernis bilden, wie dies auch hier einige Leute meinen. - Nun kommt die Unaufrichtigkeit der Berichterstattung des 11.A.K. zutage. Der gestrige Cadornabericht sagt: „ Am 16. griffen im Suganatal nach heftiger Artillerievorbereitung etwa 14 feindliche Bataillone an. Sie wurden zurückgeschlagen. Ein Gegenangriff ließ 206 Gefangene in unseren Händen. Am selben Nachmittag vereinigten zahlreiche Batterien verschiedener Kaliber ein heftiges Feuer auf unsere Stellung von S.Oswald. Um unnötige Verluste zu vermeiden, zogen sich unsere Truppen in die nächste etwa 500 Schritt entfernte Stellung zurück. Am 17. griff der Feind neuerdings 3 mal an, wurde aber jedes Mal mit schweren Verlusten zurückgewiesen. „Tatsächlich kommt nun heraus, dass das Bataillon IV/22 (der 13.GBrig.) einen Angriff über Tezzel in der Richtung Postoi führte; der Feind ging (laut Meldung mit überlegenen Kräften) zum Gegenangriff über. Das 11.A.K. sagt, die von Cadorna erwähnten Gefangenen können nur Schwerverwundete dieses Bataillons sein, das tatsächlich schwere Verluste gehabt hat. Ich erfahre dies zuerst von Klobučar, den ich gleich frage, ob auch das Heeresgruppenkommando von dieser Sache erst durch Cadorna erfahren hat? Worauf er sagt, man wusste schon gestern, dass etwas vorgefallen ist, doch war die Meldung nicht klar, sodass ein Befehl wegen Verfassung der Situationsmeldungen hinausgegeben werden musste. Ich bemerkte dazu, dass dieser Befehl hoffentlich gründlichen Wandel schaffen wird. - Nach der Mittagsmeldung verlor unsere Truppe etwa 1000 Mann an Toten und Verwundeten, dazu die Gefangenen, macht etwa 1200 Mann, das sind über 10 % - viel zu viel, wenn man eine so mächtige Artillerie hat. Aber wahrscheinlich ist der Angriff wieder mit Gasdampf erfolgt und durchgeführt worden; allem Anschein nach dürfte es auch nicht klar gewesen sein, wo Halt zu machen ist und ob die feindliche Hauptstellung anzugreifen ist. Jedenfalls kein schöner Anfang. Auch am Col di Lana geht es nicht. Zur Wiedergewinnung der Westspitze griffen nachts 2 Kaiserjäger Kompagnien an. Sie konnten im starken feindlichen Feuer nicht durchdringen. Der Angriff soll heute abends wiederholt werden. Überall zwecklose Menschenopfer wegen schlechter Führung! Sonst nichts Neues von Belang. - Nach der Abendmeldung wurden im Angriffsraum keine neuen Geschütze in Stellung gebracht. Die Materialförderung auf die Hochflächen betrug gestern 644 t, darunter 72 t Munition. Der Feind beschoss einzelne Werke auf den Plateaus, dann Carbonare und das Lager hinter dem Costaltarücken ohne Wirkung. In Marter wurden große Mengen Kriegsmaterial erbeutet (nähere Angaben fehlen); der Ort ist von unseren Feldwachen besetzt; der Feind wich hier bis Ponte del Zaccon und an die Westlisière von Roncegno zurück. Die Lage am Col di Lana ist nicht geklärt. Es scheint jedoch auch der Ostgipfel in feindlichem Besitz zu sein, da die italienische Artillerie dorthin nicht mehr feuert. - Das Wetter ist in Tirol im Angriffsabschnitt trüb, sonst fast überall Schneefall und Regen. - Wegen des Termins noch immer keine Antwort. Die Leute können anscheinend zu keinem Entschluss kommen; umso mehr bin ich aber entschlossen, wie immer die Antwort lauten möge, die Sache so zu betreiben, dass der Angriff gleich nach Ostern losgehen kann. Morgen ist Gründonnerstag. Wenn der Marsch am Karfreitag beginnt, kann am Dienstag nach Ostern (am 25.!) angegriffen werden.

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