Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
12.05.1916
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
12.5.1916

Mittags bespreche ich mit Metzger die Frage, ob an die vom Chef in seiner Denkschrift erwähnte Abgabe von Kräften vom russischen Kriegsschauplatz für den italienischen ernstlich gedacht wird. Metzger meint, vorläufig nicht, und äußert seine Ansicht, Dass überhaupt unsere Sache binnen 14 Tagen entschieden sein müsse; das heißt, wenn es zu dieser Zeit zum Stocken kommt, müsse man sich in der erreichten Situation behaupten, wozu natürlich stärkere Kräfte notwendig sein werden als früher, die übrigen in Tirol versammelten Kräfte aber abbefördern. - Nach Vormittagsmeldungen stärkere feindliche Kolonnen im Adamellogebiet im Vormarsch über den Mandron-, Lobbia - und Adamello - Gletscher beobachtet. Unsere jetzige Linie wird zur Verzögerung der feindlichen Vorrückung möglichst lange gehalten. - Lafraun nachts mäßiges Artilleriefeuer. -. Am Nordhang des San Michele wurde ein heute früh angesetzter Angriffsversuch durch unsere Infanterie zum Stehen gebracht; hierauf sprengt der Feind eine Mine 500X nördlich des Berggipfels, deren Trichterrand nahe an unserer Stellung liegt; unsere dortigen Minengänge sind zerstört. - Wetter im Angriffsgebiet bewölkt, warm. Schneehöhen auf Folgaria noch 20 - 58 cm; sonst ist der Angriffsraum im Allgemeinen aber schneefrei. Gefangenenaussagen und Kundschafternachrichten klärten Situation Ancona (Süden Flügel Vielgereuth), Cagliari (vermutlich dahinter, löste Ancona ab) und 205 - 206 (Asiago). - Nachmittag fertige ich die Verständigung der 5. und 10.Armee, die des Flottenkommandos vom Zeitpunkt des Angriffsbeginnes und die letzte Anordnung für die Demonstrationen und Fliegerunternehmungen aus. Wohl ist deren Wirkung schon größtenteils durch das monatelange Warten verpufft, man müsse aber immer wieder neue Versuche machen. Sehr zustatten dürfte es kommen, Dass das 5. Armeekommando mit dem Baon 1/27 des III. Korps einen Handstreich auf die Adriawerke geplant hat; dieses Bataillon wird daher vorläufig bei der 5. Armee belassen. - Chef fährt heute abends nach Wien zur Audienz, um unter anderem auch über den Angriffsbeginn zu berichten. Rege bei Metzger an, Chef möge auch eine Verlängerung der 4. Kriegsanleihe zur Sprache bringen, die gerade schließt, wenn unser Angriff beginnt. - Nach Abendmeldungen in Tirol fast auffallende Ruhe. - Bei 5. Armee hielt die lebhafte Gefechtstätigkeit im Raum um den S.Michele an; Versuch des Feindes, den gesprengten Minentrichter zu besetzen, und wiederholter Angriff am Nordhang des Berges wurde abgewiesen. - Wetter im Angriffsabschnitt schön, warm. - Am äußersten Südflügel der küstenländischen Front ist die Brigade Friuli durch Kavallerie abgelöst worden (darauf gründet sich auch die mit Baon. 1/27 beabsichtigte Unternehmung; Situation des Feindes ist uns in allen Einzelheiten bekannt). Vor dem Görzer Brückenkopf soll ein italienischer Regimentskommandant geäußert haben, dass die Italiener am 25.5, in Görz sein werden. Die Anwesenheit der 20.ITD bei Bassano wird immer fraglicher. Auch das Bersaglieriregiment 5 scheint nicht vor unserem Angriffsabschnitt, sondern bei Cividale zu sein und zwar im Verband des XIV.Korps, von dem 2 Brigaden in der Front festgestellt wurden und auch die dritte - nach derselben Meldung - zwischen Cividale und Udine stehen soll. –

 

Verteilung der italienischen Streitkräfte nach Brigaden:

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