Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
06.06.1916
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
6.6.1916

Vormittag erzählt mir Bálványi, der Inspektion hat, Falkenhayn habe den Zuschub deutscher Divisionen abgelehnt. Nun heißt es aufpassen; denn es steht zu erwarten, dass alsbald der Schrei nach Kräften von der Südwestfront ertönen wird. Überdies muss ich auf andere Mittel sinnen, um die Heeresgruppe weiter zu verstärken. Ich denke dabei an eine Auffüllung der 5. und eventuell auch 10. Armee aus dem Reservoir der Marschformationen der Heeresgruppe; dann lässt sich vielleicht doch noch 1 Brigade und sogar mehr für die Entscheidung herausholen.

Der Deutsche Gesandte in Bern drahtete Falkenhayn folgende Meldung eines „bewährten Konfidenten“: „Der Zweck der Reise Salandras ins Hauptquartier sei Cadorna zu einer Gegenoffensive vor der Kammereröffnung (26. Juni) zu veranlassen.

Regierung hält Öffentlichkeit im Unklaren über die militärische Lage und hofft, bei Kammerzusammentritt Erklärung abgeben zu können, feindlicher Vormarsch sei zum Stehen gebracht. Im Falle einer Kabinettskrise könne, gleichgültig welcher Färbung das Kabinett sei, nur der Kampf bis aufs Messer gegen den Erbfeind die Lösung sein, da sonst zu erwartender unehrenvoller Friede (als solcher gilt heute noch die Wiederherstellung des status quo) zur Revolution führen müsste." - Also, bei uns geht heute folgender Befehl hinaus: „Kampf auf russischem Kriegsschauplatz macht die in Aussicht gestellte Verstärkung vorläufig unmöglich. Offensive ist daher zunächst durch volle Auffüllung der Stände in Fluss zu halten. HGK. hat zu melden, wo und wie viele Marschformationen herangezogen werden und wie lange die Bahn durch diese an die jetzigen Verschiebungen anzuschließenden Transporte beansprucht sein wird. Bei diesem Anlass möchte AOK., das den Menschen- und Munitionsverbrauch an allen Fronten unausgesetzt im Auge behalten muss, bemerken, dass aus den bisherigen Meldungen im allgemeinen ein sehr befriedigender Eindruck über die sparsame und ruhige Kampfführung bei den großen Angriffen gewonnen werden konnte, dass aber stellenweise, namentlich bei der 11. Armee, noch immer verlustreiche örtliche Kämpfe ohne genügende Vorbereitung, offenbar von einzelnen Kommandanten auf eigene Faust geführt werden.“

Die russische Sache nimmt größeren Umfang an, als ich anfangs geglaubt habe. Bei der 4. Armee wurden 6 eigene von 7 russischen Divisionen angegriffen. Überdies war unsere Artillerie zumindest ebenbürtig. Heute sind 3 Divisionen bereits - wie wenigstens die R-Leute sagen - vollständig zerschlagen; die Armee ist im Rückzug in ihre dritte Stellung, trotz eines energischen Befehles Linsingens, der Halten forderte. Erzherzog soll abgesägt und durch Tersztyánszky ersetzt werden; alleruntertänigster Vortrag heute abgegangen.

An unserer Front wenig Neues. Der M.Meletta „konnte wieder nicht genommen werden". Das heißt, es wirkten, wie ich über Anfrage erfuhr, nur 3 Mörser dorthin! Das ist zum Teufel Holen! Aber ich will hoffen, dass nun wenigstens eine ordentliche Artillerievereinigung für den Angriff der 34. und 28. ITD, der heute beginnt, vorbereitet ist. - Abends ½ 11 Uhr noch eine gute Nachricht: Der M.Busibello und M.Lemerle sind genommen.

Der Angriff der 11. Armee gegen das Novegnoplateau kann aber, da sich die Vorbereitungen, wegen der durch die Ereignisse der letzten Tage hervorgerufene Verschlechterung der Kommunikationen verzögern, nicht vor dem 9. Juni durchgeführt werden.

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