Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
14.06.1916
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
14.6.1916

Gestern anscheinend ziemliche Ruhe auf dem russischen Kriegsschauplatz. Nur bei der Südarmee wurde die 39.HITD an der ganzen Front zurückgedrängt. Falkenhayn urgiert die Unterstellung der 1. Armee unter Linsingen. Letzterer meldet, dass sich der Angriffsbeginn wegen Verzögerungen im Bahnverkehr um einen Tag hinausschiebt. - Interessant sind die Standesnachweisungen vom 15.5: Nordost 658.000, Südwest 414.000, Südost 59.000 Feuergewehre. Wie werden jene von einem Monat ausschauen?

Heute entwickelt sich ein kritischer Tag erster Ordnung. Schon das Ausbleiben jeder Meldung bis 10 Uhr vorm., obwohl wir nur über die gestrige Vormittagssituation orientiert sind, befremdet mich. Um diese Zeit etwa lässt mich Salis zum Telefon rufen, sagt mir, dass der Angriff auf den Ciove nicht durchgedrungen ist und dass eine eingehende Darlegung der Situation und weiterer Absichten folgen wird. Die Situationsmeldung selbst sagt über diesen Angriff: Der Angriff des TKJ 4 drang infolge Erschöpfung der Truppen und Terrainschwierigkeiten nicht durch, wird erneuert durch Artillerie und Minenwerfer vorbereitet und frühestens am 15. durchgeführt werden. Das ist doch ein ganz erbärmliches Eingeständnis der höheren Führung! Mit bombastischen Worten wird der Angriff einer Armee angekündigt und zum Schluss kommt alles auf den Angriff eines Regimentes, ja sogar auf den Entwicklungsraum von 3 Schwärmen (!) hinaus. 3 Male wurde der Angriff bis an die feindlichen Stellungen durchgeführt und jedes Mal unter großen Verlusten abgeschlagen. Die Angriffsgruppe selbst ist am Ende ihrer Kräfte, das Brigadekommando hält eine Erneuerung für aussichtslos, der Erfolg des Artilleriefeuers gegen die in den Felsen eingenistete Infanterie blieb jedes Mal aus u.s.w. Und das Truppendivisionskommando (Fabini) hat die Frivolität, es sehr bedauerlich zu finden, dass die Schwierigkeiten des Terrains in ihrer vollen Wahrheit erst jetzt gemeldet wurden und will später einen überfallsartigen nächtlichen Angriff machen! Das Korps spricht wieder von einem wohlvorbereiteten systematischen Angriff, der - eventuell auch um den Preis größerer Opfer - durchgeführt werden soll. Das Armee Kommando ist einverstanden (!) und hat das VIII.Korps angewiesen, umgehend zu berichten, wie die Angriffsverhältnisse gegen M.Alba liegen unter der Voraussetzung, dass die gesamte schwere Artillerie, welche gegen M.Alba zu wirken vermag, den Angriff unterstützt. Schließlich sagt Dankl: Da wegen der erforderlichen Vorbereitungen weder VIII. noch XX. morgen den 15. angreifen wird können, wird im Interesse des Ganzen, um einen Erfolg wenigstens an einer Stelle zu erzielen, der Antrag gestellt, mit der Artilleriegruppe Baumann den Angriff der 3. Armee zu unterstützen. Das Heeresgruppenkommando bittet nach langen Erwägungen, den jetzt im Zuge befindlichen Angriff planmäßig auslaufen zu lassen; dies umso mehr als die jetzige Kampflinie sich für eine defensive Weiterführung des Kampfes nicht eignet. Dieser Angriff kommt natürlich auf jenen des rechten Flügels der 3. Armee, des I. Korps hinaus. - Nach eingehender interner Besprechung komme ich zum Entschluss, ein äußerst scharfes Eingreifen zu provozieren. Dies gelingt mir auch. Unter eindringlichsten Vorstellungen und Bitten überzeuge ich Metzger davon, dass nur ein rascher Personenwechsel bei der 11. Armee Wandel schaffen kann und schlage Rohr als Armeekommandanten, Soós als Generalstabschef vor. An das HGK. ergeht folgender Befehl: „AOK. genehmigt plangemäßes Fortführen des Angriffes am rechten Flügel der 3. Armee, erachtet es aber für geboten, dass die 11. Armee vorerst keine Angriffe mehr führt. Diese Armee hat nach ihren anfänglichen Erfolgen der Reihe nach, vorn rechten Flügel angefangen, einen Unterkommandanten nach dem anderen, ohne eine kraftvolle Aktion selbst zu organisieren, angreifen lassen. (Zugna, Valarsa, Pasubio, Xomo, Ciove). Alle diese Vorstöße - nun auch der letzte am linken Armeeflügel - sind trotz des vorzüglichen Instrumentes misslungen. Mit dieser Führung wird es bestimmt nicht weitergehen. Wiederholte Versuche des HGK., einheitliches Handeln bei der 11. Armee zu erzielen, blieben bisher erfolglos. AOK. wird seine personellen Verfügungen demnächst treffen." - Die Abendmeldung enthält einfach gar nichts! - Verfasse den alleruntertänigsten Vortrag über die Personaländerungen: Dankl, Pichler; Rohr, Soós, Scotti, welch letzterer das Kommando des „Rayons Kärnten" übernehmen soll, der ohnedies nur mehr etwa 30 Bataillone hat. Conrad unterschrieb und nimmt den Vortrag zum Rapport. Das Heeresgruppenkommando ist doch auch etwas dreingefahren: Es hat es nicht gutgeheißen, dass das 11.AK. den Entschluss für die Weiterführung des Angriffes auf Grund der vom VIII. und XX. KK. abverlangten Berichte fassen will, sondern fordert persönliche Fühlungnahme u.s.w.

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