Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
25.06.1916
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
25.6.1916

Also heute werden die ersten Nachrichten über unseren Rückzug kommen, der am Tage von Custozza (noch dazu am 50jährigen!) begonnen werden musste. Ich sehe der Durchführung übrigens mit ziemlicher Ruhe entgegen, da sie doch lange vorbereitet wurde und die Truppen, die in der Front stehen, durchwegs gut sind. Das gestrige Abendresümee will ich noch nachtragen: Bei der 11. und 3. Armee beschränkte sich die Gefechtstätigkeit auf feindliches Geschützfeuer gegen einzelne Räume und auf Abweisung italienischer Patrouillen, die stellenweise gegen unsere Front vorgingen. Im Plöckenabschnitt heftiger Artilleriekampf. Die Italiener schwächen ihre Front vor unserer 11. Armee zugunsten jener vor unserer 3. Armee. Es liegen Nachrichten vor, dass aus Libyen alle aktiven Truppen herausgezogen und durch Territorialmiliz ersetzt werden; ähnliches scheint in Albanien beabsichtigt gewesen zu sein. - Laut eines Sonnino-Telegrammes vom 22. hat der russische Botschafter in Rom eine Denkschrift übermittelt, die die Lage der Russen in den nächsten 2 Wochen derart beurteilt, dass zu ihrer Erleichterung eine energische und allgemeine Offensive der Alliierten notwendig sei. (Auftreten des X. deutschen Armeekorps von der französischen Front, stärkere österreichische Kräfte, zum Teil der italienischen Front entnommen). - Cadorna ließ Alexejew wissen, es sei seine Absicht, die Offensive mit der größten Energie vorwärts zu treiben, um auf diese Weise alle gegenüber stehenden Truppen zu engagieren und ihren Transport an die russische Front zu verhindern. Italien teile den Standpunkt der Russen bezüglich der Angemessenheit eines gleichzeitigen starken Angriffes gegen Österreich Ungarn.

Nach der Morgenmeldung der Heeresgruppe hat sich die rückgängige Bewegung der 11. und 3. Armee heute nachts planmäßig und ohne Störung durch den Feind vollzogen. Bei der 11. Armee ging das XXI. Korps gleich in die dauernd zu haltende Linie, die noch in der Front stehenden Teile des VIII. und XX. Korps auf die Höhen nördlich der Posina - M.Cimone zurück. Bei der 3. Armee halten 6 Bataillone nördlich die Nachhutstellung Pt.Corbin - Canove südlich der Assaschlucht; das III. Korps machte den Ruck bis in die Linie Asiago - Gallio - M.Fiara - Cm.Maora.

Vom Feind befinden sich zwischen Gardasee und Asticotal 14, zwischen diesem und Brentatal 30 Brigaden. (Nur die sicher festgestellten). Auch sollen Teile der scheinbar im Raum Vicenza - Padua neu aufgestellten 5. Armee auf die Hochfläche von Asiago verschoben worden sein. Allem Anschein nach ist daher ein stärkerer Angriff gegen unser III. Korps in nächster Zeit beabsichtigt. - Auch nach der Abendmeldung der Heeresgruppe geht die Loslösung vom Feind glatt vonstatten. Bei der 11. Armee gingen die Italiener nirgends aus ihren Linien vor. Bei der 3. besetzte die feindliche Infanterie im Laufe des Vormittags die von uns geräumten Stellungen. Über diese hinaus folgten nur schwächere Kräfte. Auch beim XVII. Korps erfolgte die Zurücknahme auf das westliche Masoufer ohne Störung. -

Heute Inspektion. Sehe auf Metzgers Tisch einen Zettel, der offenbar einen Entwurf für die nächsten Befehle an die Südwest Front darstellt. Wesentlicher Inhalt: Kommando der Südwest Front wieder herstellen; dieses soll sagen, wie viele Kräfte es zum Halten braucht, und Führung ganz übernehmen. Vorbeugend verfasse ich abends ein Referat, das darin gipfelt, nach notwendigster Stützung der Isonzofront in Tirol stark zu bleiben. (Kopie!) Metzger und Chef stimmen zu.

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