Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
05.07.1916
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
5.7.1916

Heute ist Ziller hier, der einiges über seine Eindrücke sagt. Natürlich meint auch er, es hätte alles gut gehen können und erblickt die Hauptschuld im Misslingen daran, dass die Absichten des AOKs., vor allem das Vorgehen mit gut geschlossener Hauptkraft über die Plateaus nicht zur Ausführung kam. Dass dies nicht geschah, ist, so meint er, auch Schuld des AOKs.- Nun durch die Befehle sind wir vollkommen gedeckt. Ebenso klar ist es für mich, dass man einem Menschen wie Krauss gegenüber nicht fortwährend in die Einzelheiten der Kampfführung eingreifen kann. Wollte das AOK. zum Beispiel mit einer Division disponieren, so wären nicht weniger als 3 Befehlsstellen zu passieren gewesen. Über diese Frage entspinnt sich eine interne Debatte. Gewiss hat die Methode des direkten Eingreifens viel für sich; In der Praxis führt sie aber nur solchen Unterkommandanten gegenüber zum Ziele, die Angst vor dem Abschießen haben: und dieser Fall ist beim Erzherzog und Krauss so gut wie ausgeschlossen. - Habe Gottlob alles, was für unsere Auffassungen und Befehle maßgebend war, aufgezeichnet und bin imstande, die Oberste Führung der Geschichte gegenüber vollkommen zu verteidigen.

Nach den Mittagsmeldungen an der Front zwischen Etsch und Brenta keine besonderen Ereignisse; zumeist Ruhe. Nördlich der Brenta wurde im Nordflügel des XVII. die östlich des Masobaches auf Cenon vorgeschobene eigene Gruppe in die Stellung westlich des Baches zurückgenommen. - Bei der 5. Armee im Doberdò Abschnitt andauernd heftige Artillerietätigkeit der Italiener, jedoch kein größerer Infanterieangriff. - Nach den Abendmeldungen eigentlich an der ganzen Front ziemlich Ruhe; auch im Südteil der Hochfläche von Doberdò. - Abends kommt ein langes Telegramm der Heeresgruppe über die Schwierigkeiten der Ablösungen und Kräfteabgabe. Als nächste für den Abtransport wurde die 34.ITD bestimmt. Die Versammlung der 57. würde noch länger dauern, da bei der 11. Armee zur ihrer Ablösung keine geschlossene Reserve zur Verfügung steht. „Auch erscheint eine weitere Schwächung der 11. Armee derzeit nicht ratsam, besonders im Hinblick auf die Möglichkeit eines starken feindlichen Angriffes beiderseits der Etsch. Über Abgabe der 34. meldete das 3.AK.: Abtransport kann circa 12.Juli beginnen, erhebt jedoch dringende Vorstellung gegen Ablösung der 34., bevor die in nächster Zeit zu erwartenden Kämpfe abgeschlossen sind. Bei 3. Armee muss mangels entsprechender Zugangswege jeder Abschnitt in sich die Kraft haben, durchzuhalten und die Verhältnisse speziell im ganzen Raum beim XVII. Korps machen eine starke Armeereserve nötig. Bei Abgehen der 34. ITD würde derzeit nur ein Regiment zur Verfügung des AK. bleiben. Das 3. AK. erhält jedoch Befehl, die Versammlung der 34.ITD durchzuführen. Das AOK wird gebeten, die Durchführung des Abtransportes davon abhängig zu machen, wie sich die Lage an der Front der 3. Armee in der nächsten Woche entwickelt. Weiters meldete das HGK. noch: Selbst unter der Voraussetzung, dass durch Kämpfe der nächsten Zeit nirgends an der ganzen Tiroler Front eine ernste, den Einsatz von Verstärkungen erheischende Krisis entsteht, wird doch um Mitte Juli weder HGK., noch eines seiner AKs. Über eine größere geschlossene Reserve verfügen. Besten Falles wird ein Teil der 57. ITD versammelt sein. Über die Gründe, welche gegen eine weitere Entnahme von Kräften aus dem Raum Astico-Tal - Ca. Dieci sprechen, folgt schriftlicher Bericht. Schließlich verweist das HGK. noch auf die Schwierigkeiten, die dadurch entstanden, dass die bisherigen Abgaben (in Summe7 ITD: 61, 48, 59, 44, 9, 43, 34), der zahlreichen Batterien durch einzelne Befehle verfügt wurden. Die hiedurch erforderlichen Truppenvorschiebungen, wiederholte Abänderungen von Direktiven, Ablösungen u.s.w. schwächen die Widerstandskraft unserer erst im Ausbau befindlichen Stellung, bringen Unklarheit in die ganze Befehlsgebung und erschüttern das Vertrauen der Truppe in die Führung."

Diese Ausführungen sind gewissberechtigt; die ganze Abgabe aber auch in der Gesamtlage, die uns überall in die Nachhand gedrängt hat, begründet. Die „Einzelbefehle“ sind nicht zu umgehen, da für den russischen Kriegsschauplatz manche Divisionen (9., 10., 43.) wegen ihrer nationalen Zusammensetzung nicht geeignet sind. Auch Pflug muss mit Einzelbefehlen arbeiten, sonst kommt ihm die ganze Artillerie Order durcheinander. - Die Situation im Norden scheint sehr ernst zu sein: 7., Südarmee mehrfach durchbrochen, auch Woyrsch wackelt. Die russische Krise wird nun immer ernster; und seit einem Monat, seit Beginn des russischen Angriffes, ist eigentlich außer dem „Stopfen“ nichts Planmäßiges geschehen. Mehr denn je ist Verdun das große Unbekannte in diesem Krieg; gelingt es den Deutschen dort nicht in nächster Zeit, längstens in einem Monat, einen großen Erfolg zu erreichen, so ist der Krieg kaum mehr zu gewinnen.

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