Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
25.07.1916
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
25.7.1916

7 Uhr früh Fahrt nach Moena; dann zu Fuß auf Pass Som. Spreche am Weg dahin mit dem Kommandanten eines bh. Baons Hauptmann Baron Spens-Boden der 57.ITD., das sehr viel mitgemacht hat. Zuletzt wurde es mit Auto nach Moena gebracht. Leute sehen aber nicht gerade schlecht aus. Stand des Baons. 1200 Mann nach Einreihung einer Marschkompagnie. - Weiters spreche ich mit Kommandant eines Baons 37, das beständig in dieser Stellung war. Ausbau recht minder, da keine Mittel zur Verfügung waren. Diesen Eindruck gewinne ich auch vorne. Steige zur Laste-Batterie und auf die große Lusia. Nirgends Kavernen, überall nur einfache Unterstände. Kein Schutz gegen schweres Feuer. Sage überall, dass man alles zu hartnäckiger Verteidigung, zu langem Aufenthalt einrichten müsse. Truppen arbeiten nur gut, wenn sie glauben, dass sie irgendwo länger bleiben. Marsch zurück nach Pa Som; dann über Viezzena 2492 zurück nach Predazzo. - Ganzer Tag geringe Gefechtstätigkeit; auch mäßige Fliegertätigkeit, hauptsachlich eigene. - Sehe mehrere Batterien und Trains. Auffallend gutes Aussehen der Pferde. - Italiener schießen bereits nach Bellamovite. Heute dort 4 Verwundete. - Bei Ankunft in Predazzo ½ 7 Uhr abends treffe ich Terboglav, der ziemlich aufgeregt ist, weil ihm seine Kanzlei zerschossen wurde und weil er überall so aufmischen muss. Auch klagt er, dass sein Apparat kein genügender ist. - Abends erörtere ich eindringlich, dass die Situation hier sehr ernst zu nehmen ist, wenn auch noch kein größerer Angriff erfolgt; man müsse alles tun, um sich auf einen solchen vorzubereiten. Namentlich Kuttig erinnere ich, dass aus dem feindlichen Besitz einzelner Spitzen in den Fasaner Alpen leicht ein fressendes Geschwür werden könnte. Also lieber rechtzeitig Truppen hinauf. Die Division ist aber noch nicht komplett; es fehlen noch 2 Bataillone, die anscheinend im Suganer Tal zurückbehalten wurden. (XVII.Korps hat eine merkwürdige Methode, Truppen, die hinter ihm stehen, nicht loszulassen.) - Die Unternehmungen gegen Colbricon und Ceremana sind selbstverständlich nicht gelungen. Betone wiederholt gegen Goiginger, dass solche Wiedergewinnungsversuche von Bergspitzen noch immer gescheitert sind, namentlich, wenn keine genügende Artillerievorbereitung da ist. - Gesamteindruck vom Kommando: Abends wird sehr lange, bis ½ 12 Uhr bei Tisch gesessen; man hat so gar nicht das Gefühl, innerhalb wichtiger Ereignisse zu stehen. Es ist dies zwar sehr unangenehm, über liebe Gastgeber (und Goiginger ist ein ausgesucht liebenswürdiger) so urteilen zu müssen; es ist aber die Wahrheit. Von straffer Organisation, wie man sie doch jetzt hier erwarten müsste, merke ich nichts.

Empfehle Kuttig besonders, auf Herstellung ordentlicher Befestigungen zu drängen. Die will niemand bauen, wenn er nicht weiß, dass er längere Zeit hier bleibt. Das muss man daher allen Truppen glaubhaft sagen, auch wenn es nicht wahr ist.

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