Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
16.08.1916
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
16.8.1916

Die Festigung der Lage der 5. Armee schreitet sichtlich fort. Schon die gestrige Nachmittagsmeldung enthält die Bemerkung, dass die Erfolge der letzten Tage die moralische Verfassung und Zuversicht der Truppe wieder bedeutend gehoben haben. Auch wurden gestern 260 Gefangene eingebracht. Gegen die Stellungen bei Sv.Katarina griffen 7 Bataillone an; die Kämpfe dauerten bis in die Nacht und endeten für unsere Truppen mit der vollen Behauptung der Front. In der Görzer Ebene griff der Feind um 3h entlang der Straße von St.Peter an; er wurde durch Feuer abgewiesen. Auf der Hochfläche wurde nachmittags im Raum von Oppachiasella heftig gekämpft, bis zum Einbruch der Dunkelheit war auch hier der Kampf zu unseren Gunsten entschieden; der Feind aus den Stellungen, in die er eindringen konnte, geworfen.

Nunmehr ist die Kraftverteilung des Feindes:

Isonzo 42, Tirol 40, Kärnten 3 Brigaden;

fraglich ist die Einteilung von 7 Brigaden.

Sonstige Neuigkeiten: Deutsches Hauptquartier wieder nach Pless übersiedelt; Deutscher Kaiser kommt zum Diner am 18. August. - Die Proklamation des Königreiches Polen unter einem deutschen Fürsten soll unmittelbar bevorstehen.

Nachmittags teilt mir Christophori mit, dass Falkenhayn das Kommando Ob.-Ost angewiesen hat, mit Rücksicht auf die Lage am Isonzo 9 Bataillone, 6 Batterien zur Verfügung zu stellen; Christophori möchte dafür wenn möglich die 44.LITD in Reserve gehalten sehen; für den Fall, dass Rumänien losschlägt, wofür in den diplomatischen Korrespondenzen wieder einige Anzeichen vorliegen - so die Anweisung des italienischen Gesandten in Bukarest, die Militärkonvention zu unterzeichnen.

Mich beschäftigt schon seit einigen Tagen, das heißt seit eine Besserung der Lage ersichtlich ist, der Gedanke, die Italiener, nachdem sie sich im Angriff verbraucht haben, durch Gegenstoß zurückzuwerfen. Es bleibt nämlich sonst zu befürchten, dass sie den Angriff wiederholen und uns dadurch sehr unangenehm werden, weil jedes weitere Zurückweichen eine bedeutende Verlängerung unserer Linie bedeutet. Auch dürfte speziell die Lage der italienischen Kräfte in der Görzer Ebene angesichts unserer flankierenden Artillerie auf den Höhen eine sehr missliche sein und geradezu zur Ausnützung einladen. Allerdings sind vorerst für eine solche Aktion nicht sehr viel Kräfte in Aussicht. Im Maximum: 28.ITD, 44.LITD, Div. von Ob.Ost, 5 Baone vom Balkan = 3 ½ Divisionen, wobei ich Hrozny schon als eingesetzt rechne. Diesen Kräften könnten äußerstenfalles noch die 13.Gebirgs Brigade und die zwei Balkan Brigaden folgen; also somit 4 ½, allerdings schwache Divisionen. Vielleicht aber, dass Schwalben zufliegen, wenn man sie ruft… Es hat fast den Anschein…

Bald nachdem ich dies geschrieben, gegen Abend, kommt eine Depesche Fleischmanns, laut welcher Hindenburg, um Mitteilung über die Lage auf dem italienischen Kriegsschauplatz bittet, wohl in der Absicht, die ihm unbequeme Abgabe einer Division nach Möglichkeit zu vermeiden. Es wäre aber ein großer Fehler aus der in den letzten Tagen eingetretenen Erleichterung unserer Situation zu folgern, dass nun schon alles gerettet ist. Dementsprechend auch die Antwort: „Verlauf der letzten Isonzokämpfe, die mit Heftigkeit fortdauern, lässt erhoffen, die jetzige Linie behaupten zu können, was umso mehr mit allen Mitteln angestrebt werden muss, als jedes Zurückweichen die Front bedeutend verlängert und auch schon Triest gefährdet. Da bisher 42 italienische Brigaden vor der durch Verluste erheblich geschwächten Isonzoarmee festgestellt sind und die feindlichen Truppenzuschübe fortdauern, ist Situation trotz bisheriger Aushilfe und noch anrollender Verstärkungen nach wie vor gespannt.“

Abends: Nördlich der Wippach standen unsere Stellungen beiderseits des Rosentales und südöstlich Vertojba 2 Stunden unter lebhaftem schweren Artilleriefeuer; zu Infanterie Aktionen kam es in diesem Abschnitt bis in die ersten Nachmittagsstunden nicht. Dagegen griffen die Italiener das VII. Korps nach starker Artillerie- und Minenwerfervorbereitung an mehreren Stellen wieder sehr heftig an. Nur an einer Stelle musste der Feind im Handgemenge zurückgeworfen werden; ansonsten scheiterten alle Angriffe unter schwersten Verlusten schon in unserem Feuer. Erneuerte Feuervorbereitungen und Ansammlungen lassen auf Wiederholung der Angriffe schließen. - Nachts: Um 4 Uhr Nachmittag begannen äußerst heftige Infanterieangriffe gegen die ganze Front südlich der Wippach bis westlich Oppachiasella. 4 solcher Angriffe wurden abgewiesen. Das AK. hebt hervor, dass der Erfolg des Tages neben der tapferen Infanterie auch der äußerst tüchtigen Artillerie gebühre, die durch das vom AK. hervorgerufene Zusammenwirken der Infanterie ihre Aufgabe wesentlich erleichterte. Aus den Meldungen der letzten Tage zeigt sich deutlich, wie Boroević wieder Zuversicht gewinnt. Gerechterweise muss man übrigens zugeben, dass er keine wesentlichen Fehler begangen hat; es wäre daher sehr ungerecht gewesen, ihn abzulösen, und sehr unklug, ihm in dieser Lage ein Zwischenkommando vorzusetzen, wie dies so manche Leute, namentlich Slam.‚ wollten.

Auf dem russischen Kriegsschauplatz wenig Ereignisse; es scheinen sich aber neue vorzubereiten. Umso mehr Verhandlungen; unsererseits großes Misstrauen gegen Bulgarien, worüber Falkenhayn sehr ungehalten, weil er der Überzeugung ist, dass die 3 Männer (König, Generalstabschef und Mackensen), deren Deutschland sicher ist, genügend Bürgschaft sind. - Morgen 10 Uhr vormittags kommt Falkenhayn her.

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