Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
05.09.1916
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
5.9.1916

Gestern Abend sind die grundlegenden Befehle für Versammlung der gegen Rumänien anrollenden Kräfte ergangen. Es werden zwei Gruppen gebildet: Eine Nordostgruppe Morgen (ausser den Deckungstruppen vorerst 39.HD Szász-Régen und d. 208. ID Maros Ludas) mit dem Auftrag, auch weiter das Vordringen des Feindes zu verzögern, jedenfalls aber ihm ein Eindringen in die Becken von Szász-Régen und Besztercze, sowie über die kleine Kokel abwärts Mikefalva zu verwehren; - eine Südostgruppe Staabs (ausser den Deckungstruppen Kav.Kps.Schmettau, 1. und d.3.KD bei Elisabethstadt - Mediasch und d.187.ID Gyulafehérvár - Mühlbach) mit der Aufgabe, unter Sicherung der Einbruchsrichtungen über Mehadia und Hátszeg die Kräfte zu einem Schlag gegen den über Nagyszeben eingebrochenen Gegner zu versammeln. Die ganze Versammlung wurde also vorverlegt, um die Maros Bahn in der Hand zu behalten; die Rumänen gehen zögernd vor.

Von unserer Front treffen gegen Mittag zwei klassische Situationsbeurteilungen ein. Jene des HGK. phantasiert von einem „Durchbruch“ der Tiroler Front und gipfelt in einem geradezu ungeheuerlichen Schlusssatz: „Haben aber die Italiener einmal unsere Tiroler Front in entschiedener (!) Weise durchbrochen, ein Erfolg, der ihnen selbst durch starke, zu spät herangebrachte Verstärkungen im Hochgebirge nicht mehr entrissen werden könnte, und sind wir dann wieder in die den Italienern unschädliche, bleibende Defensive gedrängt (!), dann wird es ihnen wieder möglich werden, schwache Kräfte an der Tiroler Front zu belassen und die zu entscheidenden Erfolg an der Küstenfront nötigen Massen zu vereinigen.“ Das 5. AK. glaubt nach längeren Erörterungen über die Bedeutung der Isonzofront („die Adria- und Balkanfrage wird zwischen uns und den Italienern in Venetien entschieden werden“) folgern zu dürfen, dass momentan eine Schwächung der 5. Armee auch mit Hinweis auf die Wichtigkeit unbedingter Sicherung von Triest nicht in Aussicht zu nehmen wäre. - Daraufhin wird dem Heeresgruppenkommando kurz gesagt: „AOK. ist überzeugt, dass es dem HGK. gelingen wird, einen Durchbruch an der Tiroler Front zu verhindern. Mit Rücksicht auf die Nachricht (Radio) von einem bevorstehenden Angriff in Höhen über 2100 m wird die 13. GBrig. zur Verfügung gestellt.“ - Das 5.AK. wird gezwungen, auch die Beurteilungen der Abschnittskommandanten zu melden. Weiters hat es dafür zu sorgen, dass eine Gebirgsbrigade, mit ihrer Infanterie voraus jederzeit abtransportiert werden kann. Den Truppen dieser Brigade würden nötigenfalls 2 schwere Haubitzbatterien unmittelbar zu folgen haben. - Nachmittag langes Gespräch mit Becher. Dieser erörtert im Auftrag Krauss noch einmal die Bedeutung und die Schmerzen der Tiroler Front. Kann ihm nur sagen, dass wir im Rahmen des Möglichen für den Fall von Angriffen auf einzelne Abschnitte der Tiroler Front vorgesorgt haben. (An Reserven jetzt 13.GBrig. Pergine, IR 21 M.Rover; Lsch R III wurde Roth zugewiesen; Austauschaktion der unverlässlichen Bataillone Roths ist im Gange.)

Ereignisse nach Vormittagsmeldungen: Nur Zurückgewinnung des Foramegipfels. Verlässliche Radionachricht kündigt feindlichen Angriff gegen eine über 2100 m hoch liegende Stellung an der Tiroler Front für die nächsten Tage an. (Fassaner Kamm?)

Abendmeldungen: Bei 5. Armee mäßiges Artilleriefeuer, sonst keine Kampftätigkeit. Feind arbeitet überall intensiv an Ausgestaltung seiner Stellungen. Diese befinden sich gegenüber dem Rücken des M.Santo auf dem westlichen Isonzoufer (Sabotinrücken), an der Front Salcano - Merna und südlich der Wippach vorläufig auf Sturmdistanz; südlich Nova Vas bis zum Doberdòsee auf 100 – 400X, südlich dieses Sees auf 800 - 1000X von unseren Linien entfernt.

Laut einer Kundschafternachricht größerer Truppentransport ins Primör. Am Nordrand der Doberdòhochfläche wurden mehrere größere Truppenlager festgestellt.

Summarische Standesnachweisung vom 15.7.: An russischer Front 421.000 Mann.

Abends höre ich von Kundmann, dass Chef über eine Bemerkung Bolfras „Wegen des Theaters (!) in Teschen“ sehr ungehalten ist und sogar erwogen hat, den jungen Bolfras „herein“ zu nehmen, damit er sehen kann, wie man hier lebt.

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