Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
13.09.1916
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
13.9.1916

Unser Kaiser hat dem Deutschen in einem offenen Telegramm zur Übernahme des Oberbefehles gratuliert. Es ist nicht zu verkennen, dass dies eine Spitze gegen Conrad hat. Es heißt nun, sehr achtgeben! Die jetzige Umgebung Conrads dürfte aber der kommenden Zeit kaum gewachsen sein. Vor allem müssten wir uns den gebührenden Einfluss auf die gemeinsame Kriegsleitung ehestens sichern; am besten durch Kommandierung mehrere Generalstabsoffiziere nach Pless.

In einer Munitionsanforderung meldete das 5. Armeekommando, seit einigen Tagen wieder erhöhte feindliche Artillerietätigkeit, sodass mit baldigem Angriff gerechnet werden muss.

Tatsächlich enthielten auch die Situationsmeldungen seit 7. den ständigen Passus vom nachmittägigen lebhafteren Artilleriefeuer. Sonst nach Morgenmeldungen nichts Neues.

Heute Vormittag Conrad in Pless. Besprechung über Lage, speziell Siebenbürgen. Wie ich von Kageneck höre, sind die beiden Chefs zu vollem Einverständnis gekommen.

Abends bespreche ich mit Metzger die Frage einer eventuellen Frontverkürzung. Er sagt mir, dass diese Idee von den Deutschen nicht fallen gelassen wurde, ja in nächster Zeit wahrscheinlich wieder aufgenommen werden dürfte, da es jetzt im Westen „schief“, wie Metzger sagt, „sehr schief“ gehe. - Dafür sei natürlich Hindenburg besonders empfindlich, weil ihn nur zu leicht der Vorwurf treffen kann, dass er für den Kriegsschauplatz, der seinem Herzen naheliegt, zu viel getan habe. Werde also die Gründe, die gegen eine Frontverkürzung sprechen, schriftlich darlegen, darunter ist einer der wichtigsten der zu besorgende große Materialverlust, da die Investitionen im Hochgebirge für den Winter selbstverständlich ganz ungeheuer sind (namentlich Baracken, Seilbahnen u.s.w.).

Nach unseren Abendmeldungen bei der 5. Armee gegen den Nordteil des Plateaus von Comen andauernd lebhaftes Artillerie und schweres Minenwerferfeuer. Rege feindliche Fliegertätigkeit. Bei 10. Armee stellenweise stärkeres Artilleriefeuer. Bei 11. Armee an der Front zwischen Brandtal und M.Majo stellenweise heftiges Artilleriefeuer. Vor dem M.Majo verlor der Feind in den letzten Tagen 20 Mann. - Gegenüber Fleimstalfront im Abschnitt St.di V.Sorda - Coltorondo Einschießen der feindlichen Artillerie aller Kaliber; auf Straße nach Caoria Truppen - und Trainverkehr zur Front. Bei der fortschreitenden Säuberungsaktion im Foramegebiet fiel wieder ein Teil unserer früheren Stellung in unsere Hände. Hiebei 2 Offiziere, 42 Alpini gefangen genommen, 1 MG und Verpflegsvorräte erbeutet. Im Flitscher Becken, wo in letzter Zeit nur Alpini und Bersaglieri standen, wurde Infanterie festgestellt. - Nachts noch eine Meldung der 5. Armee, die über eine sehr bedeutende Verstärkung des Artilleriefeuers gegen das Plateau und die rückwärtigen Räume berichtet und keinen Zweifel lassen, dass morgen mit dem vorbereitenden Artilleriemassenfeuer begonnen werden wird. - Auf Triest ein großer, aber erfolgloser Fliegerangriff.

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