Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
17.09.1916
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
17.9.1916

Als meinen Eindruck über die Lage an unserer Front notiere ich meinen Beitrag zur heutigen Ministerorientierung: „Nach dem bisherigen Verlauf der Schlacht auf der Karsthochfläche kann den weiteren Ereignissen mit Ruhe entgegengesehen werden. Trotz mächtiger Artillerieentfaltung und Einsatz sehr bedeutender Kräfte auf engerem Raum vermochten die Italiener in den ersten 3 Tagen nur den im Pressebericht vom 16. zugestandenen Geländegewinn (weniger als 1 km auf 2 km Frontbreite) im nördlichen Abschnitt zu erzielen. Die Kämpfe sind aber sehr hart; das Gefecht wogt Tag und Nacht hin und her. Dementsprechend sind die Verluste des Angreifers äußerst hoch, aber auch die unsrigen beträchtlich. Mit längerer Dauer und räumlicher Ausdehnung der Schlacht gegen Norden muss gerechnet werden; hiefür werden eigener Reserven zur Hand sein, ohne dass in den übrigen Teilen der Südwestfront eine nennenswerte Einbuße zu besorgen wäre. Ob es bei Flitsch und in den Fassaner Alpen zu ernsteren feindlichen Angriffen kommen wird, bleibt noch abzuwarten.“

Mittags Konzept wegen Verstärkung der 5. Armee a) durch 2 Bataillone aus Kärnten, b) durch eine Brigade aus Tirol.

Details aus Mittagsresümee: Am nördlichen Flügel der Karsthochfläche griff der Feind, male vergebens an, bei Lokvica Massenanstürme. Tapferes Verhalten IR 96 auch im Pressebericht hervorgehoben. Bei Nova Vas Feind eingedrungen und wieder hinaus geworfen; zum größten Teil; Gegenangriff noch im Gang.

Sehr heftiger Kampf um Kuppe südöstlich Doberdò. - Gegen Rombon 5 Angriffe; alle abgewiesen. - Bei Heeresgruppe keine größeren Kämpfe.

Diplomatische Depeschen: Am 12.9. forderte Bratianu, dass auch an der italienischen Front der größte Druck auf den Feind ausgeübt wird. Mehrere österreichisch-ungarische Abteilungen seien von der italienischen an die rumänische Front dirigiert worden. Sonnino antwortete am 16.9., ungarische Regimenter sind nach Siebenbürgen, slawische hingegen an die italienische Front dirigiert worden; unser Oberkommando hat die feste Absicht den größtmöglichen Druck fortzusetzen Das italienische Oberkommando fügte bei, Ankunft 16. Division an unserer Front bestätigt sich, hingegen Zurücknahme 20.Division (die logischerweise zur Verteidigung ungarischen Bodens verwendet werden soll) noch nicht gemeldet. - In Petersburg hält man die Befürchtungen über einen Marsch der Deutschen und Bulgaren nach Bukarest, für übertrieben. Sarrail will bald in der Lage sein, eine ernste Offensive zu beginnen; Buchanan sagt, Mitte Oktober. Alexejew sei nun geneigt, beträchtliche Verstärkungen nach Rumänien zu entsenden. - Abends mache ich eine Zusammenstellung über die Kräfteverteilung bei der 5. Armee. Aus den bisherigen Meldungen geht hervor, dass das AK. während der 4 tägigen Schlacht in einem Abschnitt (III.) 18 Bataillone, somit täglich im Durchschnitt 4 - 5 Bataillone zur Deckung der Abgänge einsetzen musste. Die Korpsreserven des Abschnittes II sind als gebunden zu betrachten, da erwartet werden muss, dass die Schlacht auch dorthin übergreift. In diesem Falle müssen die 20 zur Verfügung des AK. stehenden Bataillone für die Abschnitte III und II ausreichen. Die aus dem Kampf gezogenen Truppenkörper können erfahrungsgemäß, soweit sie nicht ganz zerschlagen sind, binnen einer Woche durch ausgebildete Marschformationen aufgefüllt werden. Hiezu stehen der ganzen Armee laut Standesmeldung vom 15. (vor der Schlacht) 34.000 Mann zur Verfügung. - Die Nachtmeldung enthält die ersten konkreten Angaben über die Verluste: 17.000         - 18.000 Mann; dies stimmt ganz mit dem Einsatz frischer Kräfte. - Man muss aber Bosko ordentlich auf die Kappe gehen. Daher erhält er morgen früh den Befehl zu melden, ob und in welcher Stärke die aus der Schlacht gezogenen IR 61, 102 und H1 durch Einreihung ausgebildeter Ersatze als kampffähige Truppen formiert werden können; ob sonst noch Truppen oder Armeekörper aus der Front gezogen werden mussten und wann deren Auffüllung zu erwarten ist; endlich dass er uns in diesem Sinne auch weiterhin über Kräfteverbrauch und Einsatz der Marschformationen zu orientieren hat. Die Details des Abendresümees lasse ich weg, da sie durch Nachtmeldung überholt sind. Der Eindruck über den heutigen Tag ist außerordentlich günstig. Alle Angriffe sind abgeschlagen, alle Stellungen in unserer Hand, nur in einigen Nestern südlich Nova Vas sitzt noch der Feind; das Artilleriefeuer nördlich der Wippach, besonders gegen den Raum östlich Görz ist bedeutend lebhafter geworden. - Bei der 10.Armee und auch an der Fleimstalfront hat die Gefechtstätigkeit nachgelassen.

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