Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
11.10.1916
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
11.10.1916

Heute Mitteilung an Hindenburg: „Die erwartete Erneuerung des auf Triest abzielenden italienischen Angriffes ist eingetreten. Da die Situation unserer Truppen auf der Karsthochfläche infolge der bedeutenden Überlegenheit des Feindes, namentlich An Geschützen und Minenwerfern, schwierig, der dortige Kräfteverbrauch sehr groß und auch die Gesamtlage an der Südwestfront durch den gleichzeitigen Druck an mehreren Stellen der Tiroler Front gespannt ist, werden Abgaben für Siebenbürgen leider in absehbarer Zeit nicht geleistet werden können.“ - Auf Grund der Situationsmeldungen der 5. Armee bitte ich vormittags Metzger um Bereitstellung wenn auch geringer Unterstützungen. Als erstes kommen 4 Bataillone, 2 Batterien in Betracht, die vom Balkan für Siebenbürgen anrollen und etwa in 3 - 4 Tagen in Bosnisch Brod sein dürften. Gegen die Bereitstellung der 2 gebirgstüchtigen Bataillone erhebt Boroević natürlich Vorstellung. Das heißt er hat sie wohl bereitgestellt, hält es aber für seine Pflicht zu melden, dass die 5. Armee durch die nun schon durch 8 Tage währende, ganz besonders schwere Beschießung durch feindliche Artillerie und Minenwerfer, weiters durch die erbitterten Infanteriekämpfe im Raum zwischen St.Peter und dem Meer schwere gegenwärtig noch nicht feststellbare Verluste erlitten hat. Weitere feindliche Verschiebungen aus dem Raum bei Görz in südlicher Richtung berechtigen zur Annahme, dass die Kämpfe nicht abgeschlossen sind. – Mittagsresümee: Gestern wurde am südlichen Flügel der 5. Armee den ganzen Tag erbittert gekämpft. Im Abschnitt von St.Peter bis zur Eisenbahn Monfalcone - Drina griffen circa 11 ITD in erster Linie an. Auch ganze Nacht heftiger Kampf. Alle Angriffe, abgesehen von kleineren lokalen Erfolgen des Feindes, abgeschlagen. Im Wippachtal war Hauptstoß gegen Höhen südöstlich St.Peter gerichtet. Feind drang wiederholt in unsere Stellungen ein, wurde schließlich aber vollständig geworfen. Auf Karsthochfläche wurden unsere Stellungen nördlich Lokvica etwas nach Osten verlegt. Südlich Nova Vas konnte Gegner über die vordersten Linien in Richtung auf Jamiano vordringen, musste jedoch nach erfolgreichem Gegenangriff wieder zurückweichen. Die ganze übrige vorderste Linie auf der Karsthochfläche wurde behauptet. Seit heute früh liegt dichter Nebel auf dem Schlachtfeld, daher geringe Gefechtstätigkeit. - 11. Armee: Nacht am Pasubio ruhiger; dank des tapferen Verhaltens TKJR 1 blieb Kopfstellung in unserer Hand. An Fleimstalfront hat feindliche Artillerietätigkeit abgeflaut. Ein eigener Angriff gegen Südspitze der Busa Alta konnte nicht durchdringen. - Feind: Vor unserer Front auf der Karsthochfläche 26 italienische Brigaden. 3 weitere sollen von der Görzer Front nach Süden verschoben worden sein, 4 sind fraglich. Die Stoßgruppe gegen Triest konnte daher auf 33 Brigaden gebracht werden. - Statt der von mir beabsichtigten Verständigung Hindenburgs über die Lage im Südwesten geht ein Konzept ab, worin die Dirigierung der vom Balkan anrollenden kombinierten Brigade (4 Bataillone, 2 Batterien) nach Siebenbürgen oder zur Isonzo Front vorbehalten wird. - Nachmittags Besprechung wegen Ausbau der 2. Stellung im Görzischen; hiezu 100 Arbeiterabteilungen erforderlich, die wir aus Tirol, Kärnten, Polen und von den Armeen der Nordost Front zusammenkratzen wollen. - Abends eine Panikmeldung der 5. Armee nach der anderen. Wenn diese Meldungen der Wahrheit entsprechen, sind unsere Verluste sehr groß: Bisher 24.000 Mann seit Beginn dieser 8. Schlacht. Die Divisionen des VII. Korps sind nur mehr schwache Regimenter. Es muss geschehen, was möglich ist. Zur Verstärkung der 5. Armee haben abzugeben: Das HGK 2 Bataillone, die 10.Armee 1 Bataillon, KHK Pola 1 Bataillon (nicht italienischer Nationalität) Dem 5. AK wird überdies empfohlen, zur Stützung seines Südflügels Verschiebungen innerhalb der Armee vorzunehmen. Die beiden bereitgestellten Bataillone werden frei gegeben. Weiterhin muss mit den jetzt zugewiesenen bescheidenen Kräften bis 17.10. das Auslangen gefunden werden, zu welchem Zeitpunkt eine schwache kombinierte Brigade (4 - 0 - 2) im Armeebereiche nötigenfalls eintreffen würde. - Spät abends wird noch an Hindenburg herangetreten um 6 Bataillone (ö.u. ohne höheren Verband) aus der Front der 2. Armee. (Zusatz von Metzger: Es ist mein Bestreben, dadurch auf schnellste Weise die Isonzofront zu stützen; denn bei Verlust der jetzigen Stellung wäre die äußerst geschwächte 5. Armee außerstande, Triest zu decken). - Nun ist allen der Schreck in die Glieder gefahren. Cramon telefoniert noch abends an Ludendorff; dieser ist mit der Abgabe der 6 Bataillone einverstanden. - Abendresümee: Seit mittags wieder heftiger Angriff im Gange. Im Abschnitt Görz begannen die Angriffe westlich Biglia, wo 215 2 Vorstöße abgewiesen wurden. Beim VII. greift der Gegner an der ganzen Front an. Im Nordteil wurde der erste Ansturm durch Feuer abgeschlagen. Nordwestlich Lokvica schwankte der Kampf. Die Front Oppachiasella - Nova Vas steht seit 2h im Trommelfeuer. Ebenso eigene Stellung im Abschnitt IIIb, wo ein allgemeiner Angriff bevorzustehen scheint. Das AK meldet, dass im Angriffsraum 22 italienische Brigaden in erster Linie stehen; dahinter werden 11. weitere Brigaden vermutet; also in Summa 33 Brigaden, wie bereits mittags angenommen. Eigene Verluste seit Beginn der Schlacht sehr groß; AK. nimmt sie mit mindestens 24.000 Mann an. - Bei 11. Armee wechselnd Artillerietätigkeit. Am Pasubio keine Veränderung.

Im Etschtal, am Cimone und bei Cra Zebio griff je eine Kompagnie an; demonstrative Absicht ist klar. Die Brigade Bari, die zuletzt gegenüber unserem III.Korps stand, wurde durch Gefangene bei Nova Vas festgestellt. Der Austausch verbrauchter Brigaden von der Karsthochfläche in den Abschnitt Görz bestätigt sich.

Heute zweifellos einer der kritischsten Tage des italienischen Krieges!

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