Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
18.10.1916
Wählen Sie aus:
Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
18.10.1916

Werde noch meine heutige Inspektion absitzen und dann übermorgen den 20. fahren. Bin am 21. früh in Marmáros-Sziget (wo ich ja Waldstätten und Swoboda treffen werde) und voraussichtlich am 22. oder 23. bei meiner Truppe. - 3 Landsturm-Bataillone, alte, aber wie ich höre, brave Leute. - Saukälte wird auch schon sobald sein; höre von -10°. Jedenfalls kann niemand sagen, dass ich mir die leichtesten Verhältnisse ausgesucht habe. Wie Kless gestern andeutete, redet die Jugend schon darüber, dass wir von der I-Gruppe noch nicht draußen waren. Das ist doch niederträchtig; denn wir waren die ersten, die an die Front und ins Feuer gingen und zwar nicht auf Befehl sondern aus eigenem Antrieb.

Mittagsresümee: Auf der Karsthochfläche gestern nachmittags systematisches langsames Feuer, „das den Eindruck planmäßigen Einschießens macht“. - Pasubio Gebiet: Gestern abends griffen 12 - 14 Bataillone die Front Testo - Roite – Pasubiokopf an. Nach einer Stunde waren alle Angriffe abgewiesen. In den Dolomiten stellenweise lebhafteres Artilleriefeuer.

Heute Conrad in Pless. Anscheinend größere Beratungen über Fortsetzung der rumänischen Operationen.

Aus einer Carlottidepesche geht hervor, dass die Russen nun entschlossen sind, den Rumänen ernstlich zu helfen und zwar sollen gleichzeitig die siebenbürgische Front südlich von Dorna Watra angegriffen und die Räume von Ploesci und die Dobrudscha gestützt werden. Bei Jassi sind 2 russische Korps im Aufmarsch.

Abendresümee: Ober der Karsthochfläche rege Fliegertätigkeit. - Bei Heeresgruppe: Heftiges schweres Artillerie- und Minenfeuer gegen M. Spiel – M. Corno; Angriffe werden gewärtigt. Gegen Pasubiokopf seit mittags Angriff im Gange. Auch C.del Coston und Cimone erhalten stärkeres Feuer als sonst.

Heute sehr lange Besprechungen (Beginn bald nach Mittag, Ende etwa 8 Uhr abends) in Pless, bei denen auch (wahrscheinlich teilweise) Burián und Mérey anwesend. Hauptgegenstand: Politisch die polnische Frage, militärisch die künftigen Operationen an der siebenbürgischen Front. Was erstere betrifft, erfahre ich nur - dadurch, dass ich Inspektion habe, dass am 23. Besprechungen in Warschau beginnen werden. Von uns geht Höfer hin. Habe bis spät nachts Hughesdepeschen abzugeben. Auch eine Reinschrift zu machen, alles von Zeynek. Wegen der siebenbürgischen Operationen wurde beschlossen, die erste Armee mit 2 bayrischen Divisionen zu unterstützen (gegen den zu erwartenden großen Russenangriff). Der Nordflügel der Armee soll defensiv bleiben, der Südflügel aber in der Richtung Ocna angreifen, um so die Flanken der ihre Offensive fortsetzenden 9. Armee zu decken. Letzterer Armee sollen auch noch 2 deutsche Divisionen, jedoch nicht vor anfangs November, zugeführt werden. Bei unserer unverantwortlichen Jugend große Entrüstung über diesen von Hindenburg, Ludendorff und Conrad entworfenen Operationsplan; es herrscht die Meinung, man sollte rücksichtslos nach Bukarest vorstoßen. Wohl eine zu gewagte Sache, da unsere meist aus Landsturmtruppen bestehende 1. Armee doch kein verlässlicher Flankenschutz für die 9. wäre, die bei einem eventuellen, sehr wahrscheinlichen Erfolg der Russen zum Zurückgehen gezwungen wäre!

Vorbereitungen für die Abreise, die übermorgen vormittags stattfindet. Das Schwerste war, Mitzchen zu verständigen; hoffentlich wird sie es tragen, gar so lange ist es ja nicht, aber gerade unser dritte November fällt hinein… Auch Puzzi marod, zum ersten Mal, tüchtige Angina; wir werden ihn wahrscheinlich aus der Schule nehmen; soll er noch ein Jahr Freiheit genießen!

X
Tablet drehen