Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
04.12.1916
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
4.12.1916

Grey teilte Carlotti mit, dass die russische Regierung aus schwerwiegenden Gründen der inneren Politik energisch auf der Notwendigkeit bestanden hat, der Duma den Antrag bezüglich Konstantinopel und der Meerengen bekanntzugeben. Wegen der äußersten Empfindlichkeit der inneren Lage Russlands und der Wichtigkeit der Unschädlichmachung der deutschen Machenschaften, hat Grey der russischen Bitte zugestimmt. Die Erklärungen in der Duma machten die Veröffentlichung des Vertragstextes notwendig, um Rückwirkungen in England vorzubeugen. Grey hat die russische Regierung ersucht, in den Erklärungen eine besondere historische Einleitung in der Absicht vorauszuschicken, zu beweisen, dass die Türkei den verdienten Lohn erhalte, weil sie nicht die Verpflichtungen beachtete, welche England im Namen Frankreichs und Russland gegen sie für den Fall übernahm, als sie die Neutralität bewahrt hätte. Grey hat die Notwendigkeit dargestellt, Italien im Wege Carlottis von dieser Einleitung und vom Inhalte der Erklärung vorher in Kenntnis zu setzen, Carlotti sagt, diese Veröffentlichung würde wahrscheinlich bei der Kammereröffnung Interpellationen hervorrufen; Grey aber meinte, die schwerwiegenden Gründe, welche die Veröffentlichung im allgemeinen Interesse des ganzen Bündnisses ratsam machten, sicher nicht dem Scharfsinn Sonninos entgehen würden (!). Die Italiener trachten nun mit allen Mitteln eine für sie befriedigende Zusage in der kleinasiatischen Frage zu erpressen, die „eine große Wirkung auf die Haltbarkeit und Zuverlässigkeit des Bündnisses ausüben müsste.“

Mittagsresümee: Gestern nachmittags nahm das feindliche Artilleriefeuer (- so meldet wenigstens das AK. -) größere Intensität an und richtete sich wieder hauptsächlich gegen unsere Stellungen im Wippachtal, am Fajti hrib, bei Kostanjevica und auf der Höhe 208 südlich Nova Vas. Dieses Feuer hielt auch nachts an. Feindlicher Graben stark besetzt. Feind trifft auch weiter intensive Angriffsvorbereitungen. Bei Marhinge einen Caproni niedergeholt. Einen zweiten bei Görz zur Landung gezwungen.

Feind: Von den 42 Brigaden, die anfangs November in der Front Salcano - Meer standen, wurden in der Schlacht bis zum 3.11. 30 Brigaden durch Gefangene, 6 Brigaden nur durch Gefangenenaussagen und 6 überhaupt nicht festgestellt. Von den letzteren 12 Brigaden, die vermutlich an der Schlacht nicht teilgenommen haben, sind seither 6 durch Gefangene in der Front, 1 durch neue Gefangenenaussage hinter der Front festgestellt worden. Von den restlichen 5 Brigaden ist eine bestimmt nach Mazedonien abgegangen, während über 4 Brigaden keine Nachrichten vorliegen. Seit der Novemberschlacht wurden überdies 5 Brigaden durch solche von anderer Front abgelöst. Die gegenseitige Ablösung weiterer 2 Brigaden soll in den letzten Tagen vor sich gegangen sein. Somit stehen jetzt verlässlich 11, vielleicht 18 Brigaden, welche an der November Schlacht nicht teilgenommen haben, im Angriffsraum. Außerdem könnten 5 weitere Brigaden, deren Einteilung nicht bekannt ist, als Verstärkung am Isonzo eingetroffen sein.

Abendresümee: Regenwetter, schlechte Sicht, geringere Artillerietätigkeit. Brigade Livorno (vor 10 Tagen von der Tiroler Westfront abgegangen) durch Gefangene nördlich Kostanjevica festgestellt. Diese Gefangenen, sowie ebendort gemachte Gefangene der Brigade Aosta sagen aus, dass auch Bologna (bisher. Tiroler Westfront.) und Forli (bisher Roana) im Raum Fajti - Kostanjevica eingetroffen seien, die 1.Bersaglieri Sp. - Brigade aber von dort nach Tirol abgegangen sei. Bewahrheiten sich diese Gefangenenaussagen, so ist der Feind beiderseits des Höhenkammes am Nordrand der Karsthochfläche stark massiert. Standesübersicht:

Gegen 15./11.: + 7500 Gewehre, + rund. 100 MG., + 120 Geschütze.

Heute von mehreren Seiten Gerüchte über eine Verlegung des Armee Oberkommandos.

In Rumänien noch immer Fortschritt größten Stiles. Vor Bukarest ist an der Nordwestfront der Festung bereits die beginnende Einschließung sichtbar. Die Hauptkräfte der Mittelmächte haben Direktion in den Raum zwischen B. und Ploiești; letzterer Stadt hat sich unsere Front auf 25 km genähert. Nördlich Sinaia hält der Feind noch immer.

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