Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
25.01.1917
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
25.1.1917

Nach einstündigem Aufenthalt bei Mitzchen, Reinigung und Frühstück, fahre ich um 9 Uhr nach Baden zurück. Lege meine Eindrücke und das Ergebnis der Besprechungen in einer etwa 2 Seiten langen „Niederschrift“ nieder, nachdem ich Metzger eingehend mündlich referiert habe. Chef liest die Sache ohne Bemerkungen und sagt mir auch schon zu Mittag, anscheinend befriedigt, er habe alles gelesen. Zu Mittag ist Hauptmann Kliewer bei uns; er geht jetzt wieder als Nachrichten - und Verbindungsoffizier nach Bozen.

Die Möglichkeit einer Verletzung von Schweizer Gebiet und des Eintrittes der Schweiz in den Krieg hat Conrad zu einer 4 Seiten langen, sehr schönen Studie veranlasst. Er sagt darin im Wesentlichen: Wenn die Franzosen Schweizer Gebiet verletzen wollen, so kann dies entweder 1) in kleinem Massstab durch Abschneiden des vorspringenden Raumes von Porrentruy oder 2) in großem Stile durch Vorgehen gegen den oberen Rhein aufwärts Basel erfolgen. Ziel ad 1) Aufrollen der deutschen Front aus dem Elsass, ad 2) Vorgehen gegen Süddeutschland. ad 1) Würde sich die Schweiz vielleicht mit einem Protest begnügen; ad 2) müsste sie, wenn sie nicht das Schicksal Griechenlands teilen wollte, in den Krieg eintreten. Beste Versammlung der Armee dann im Raum Basel - Biel - Aarau. Für uns ist es wesentlich: a) Ob die Deutschen bei einem solchen großen Vorstoß mit den Kräften ihrer Front auskommen und uns noch Kräfte für die geplante Aktion gegen Italien beizustellen vermögen, b) wie sich Italien verhalten wird. Conrad glaubt, es werde nur örtliche Erfolge im Tessin anstreben. Jedenfalls gewinnt unsere Offensive nach Venetien noch an Bedeutung. Die Schweiz wäre mit Material, vor allem mit schweren Geschützen zu unterstützen; die von ihr geforderte Beistellung von 2 Gebirgsbrigaden für Graubünden könnte aber nicht gegeben werden, weil diese Kräfte für die Hauptentscheidung aus Tirol verloren gingen.

Abends fährt Kaiser mit Conrad nach Pless.

Von den Bemerkungen Metzgers über die jetzige Lage will ich nur nachtragen, dass er die Anforderung eines Kriegskredites von 5 Milliarden Dollars in den Vereinigten Staaten für eines der wichtigsten Symptome hält. Mit dem Eintritt der Vereinigten Staaten in den Krieg gegen uns scheint man ernstlich zu rechnen. Jetzt werden in Pless die Noten vereinbart werden, mit denen man den Neutralen das Seekriegsgebiet bei verschärftem Einsatz des Unterseeboot - Krieges mitteilen wird. In die Adria sollen 19 neue deutsche U - Boote kommen.

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