Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
01.02.1917
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
1.2.1917

Gegen 11 Uhr mit 3stündiger Verspätung in Adelsberg ziemlich übernächtig angekommen. Nach kurzer Toilette Meldung in Generalstabsabteilung und beim Armeekommandanten, In Generalstabsabteilung nehme ich Einsicht in den Bericht, der auf unseren letzten Befehl abgesandt wurde. - Boroević diesmal besonders unfreundlich, wenn er mir auch sagt, dass sich dies nicht gegen meine Person richtet, sondern gegen das ganze System. Zunächst bemerkt er, alles was jetzt zur Stärkung der Armee geschehen werde, komme zu spät. Das hätte man vor 3 Monaten tun müssen! Ein bezeichnender Ausspruch, der wahrscheinlich für eine Reihe neuer Ausreden grundlegend ist. Um meinen Auftrag befragt, melde ich, dass ich mich an der Front zu informieren und auch die Bedürfnisse aller Art der Armee festzustellen habe. Er sagt, als Soldat müsse er sich das gefallen lassen; er habe aber schon einmal seiner Überzeugung Ausdruck gegeben, dass diese Entsendungen ein Zeichen des Misstrauens seien; es wäre ganz dasselbe, wenn man bei einem Artillerieregiment die Fahrkanoniere durch einen Rechnungsführer ausfragen ließe, was sie brauchen. Ich melde kurz, dass ich eben jenen Auftrag habe, um die Verhältnisse an der Front als Referent über den italienischen Kriegsschauplatz beim AOK kennen zu lernen. – Freilich, von der ganzen Generalstabsabteilung geht niemand hinaus. Dem Generalstabschef und dem Obersten Pitreich, der öfters darum gebeten haben soll, ist es vom A.Kdtm. direkt verboten worden. Wie mir dann Hauptmann Powolny sagt, sei auch niemand darüber unterrichtet, wie es an der Front wirklich aussieht…

Kann erst abends weiterfahren. Mein Zug soll um 3 Uhr gehen, hat aber wieder etwa gegen 3 Stunden Verspätung… Wer weiß also, wann ich in meinem nächsten Ziel, Südbahnhof Opčina landen werde. - Diese Zeilen schrieb ich im Bahnhofs Kommando Adelsberg.

Zug geht erst ½ 6; Ankunft Opčina ¾ 8, dann mit Auto Pliskovica, Meldung bei Exzellenz Lischka. Er erörtert mir nach dem Nachtmahl sehr eingehend die Lage des Korps. Bezeichnet sie natürlich und mit Recht als sehr unangenehm, weil das Korps von 3 Seiten Artilleriefeuer hat und die Stellung östlich Lukatic noch immer sehr schwach ist. Frontangriff gegen Hermada wird nicht besorgt, wohl aber bei erfolgreichem Vordringen des Feindes gegen das 7.Korps ein Vorstoß starker Reserven in den Raum südlich Kostanjevica, wo viel Artillerie von uns steht. -

Werde das Übrige morgen nachtragen. Nacht ziemlich ruhig, Schlaf ausgezeichnet, zeitweise Geschützfeuer, das einen aber gar nicht stört.

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