Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
09.02.1917
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
9.2.1917

Vormittag vergeht mit Aufarbeitung meiner Reisenotizen und Meldungen. In meiner Abwesenheit ist einiges geschehen, was mir nun nicht besonders passt. Erstens die Weitergabe der Nachrichten aus einer als geheim, aber verlässlich bezeichneten Quelle des Ministeriums des Äußeren, dass Italien am 20.2. eine allgemeine Offensive an der ganzen Front unternehmen wird. Dies hat draußen begreifliche Unruhe verursacht; die Nachricht wäre schon weiterzugeben gewesen, jedoch ohne die Quelle als verlässlich zu bezeichnen. Die Deutschen haben, soviel ich sehe, den erbetenen Truppen - und Artillerie Verstärkungen an die Isonzofront zugestimmt. Statt der 81.HIBrig. kommt die 7.ITD; Artillerie wird auch in entsprechendem Ausmaße freigemacht. - Wie eine Bombe hat eine Nachricht der deutschen Obersten Heeresleitung gewirkt, dass 400 schwere Geschütze von England und Frankreich und 54 Divisionen (Brigaden?) an der Karstfront seien, die Offensive in der 2. Februarwoche beginnen soll und zwar mit den Operationszielen Comen und Hermada. Tatsächlich liefen in letzter Zeit mehrere Meldungen über Verschiebungen aus dem Raum von Görz gegen Tolmein Plava ein. Da wurde bei uns etwas vorschnell gefolgert, dass dort jetzt Gefahr drohe; und Conrad schrieb am 7. Februar gleich selbst einen Befehl an das 5. und 10.Armee Kommando, worin er von der Möglichkeit, ja sogar Wahrscheinlichkeit eines Angriffes gegen Plava - Tolmein und von einem nördlich davon gegen Tarvis angesetzten Stoß spricht und die Armee Kommandos beauftragt, kurze Memoires vorzulegen, worin die diesbezüglichen Anschauungen charakterisiert und die geplanten Gegenmaßnahmen angeführt sind. - Selbstverständlich unter der Voraussetzung, dass mit keinen neuen Kräften zu rechnen ist. - Heute Inspektion. Man kommt nicht zur Ruhe.

Nachmittags Meldung bei Chef, dem ich aber nur kurz berichten kann, weil er Eile hat, zum Begräbnis des Admirals Haus nach Pola zu fahren (mit dem Kaiser!).

Mein Telegramm über die bedenkliche Verpflegslage aus Vrtovin hat große Wirkung gehabt, wurde sogleich dem Kaiser vorgelegt und hat auch einige Besserung bei 5. Armee geschaffen. Die Verpflegskrise dauert aber an. Brotmehl ist heute wieder für einige Tage vorhanden. Hafer aber nur mehr für 5 Tage - dann Schluß. Daher fortwährender Druck auf den Kriegsminister, wie mir Zeynek erzählt. Auch Wiesner fragt mich um meine Eindrücke von der Front. Ich verhehle auch ihm nicht die ernsten Folgen eines Andauerns der jetzigen schwierigen Verpflegssituation auf Stimmung und Geist der Truppe, das heißt auf den Erfolg. - Abends studiere ich den Bericht der 5. Armee über ihre Lage und Kräftigung. Werde die Sache voraussichtlich übermorgen erledigen und dabei gleichzeitig dem Armee Kommando die Auffassung der Gesamtsituation, speziell aber bezüglich des Zeitpunktes des feindlichen Angriffes, bekanntgeben und daran bestimmte Direktiven knüpfen. - Kaiser und Conrad abends zum Begräbnis Haus nach Pola abgefahren. - Nachmittags besuchte mich Eimannsberger auf eine Stunde.

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