Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
25.02.1917
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
25.2.1917

Im Raum von Vertojba hatten sich schon in den letzten Tagen heftige Minenwerfer Kämpfe entwickelt. Gestern früh steigerte sich dieses Minen - und das Artillerie - Feuer zu höchster Kraft. Dann griffen 2 - 3 feindliche Kompagnien unter dem Schutz heftigen Sperrfeuers unsere Stellungen an. Der in Zugsbreite in die vorderste Linie eingedrungene Feind wurde jedoch durch den sofort angesetzten Gegenangriff zweier Kompagnien Lst. 2 (k.k.1.Lst.I.B.) bis über seine vorderste Sappe zurückgeworfen, die zerstört wurde. Infolge des heftigen feindlichen Minenwerfer - und Maschinengewehrfeuers gingen dann unsere Abteilungen wieder in die eigene Linie zurück. Verluste beiderseits bedeutend.

Mittags sagt mir Metzger, er halte es nicht für sehr wahrscheinlich, dass sich die OKL zu reiner Passivität entschließen werde; die Rolle des Watschenmannes sei doch eine fürchterlich unangenehme und wirke nicht nur auf die Truppen sondern auch auf die Oberste Heeresleitung lähmend zurück. Trotzdem glaubt Metzger, dass der Krieg, wenn unsere reine Defensive an allen Fronten standhält und die Angriffe der Feinde misslingen, im Frühjahr aus ist.

Nachmittags erzählt mir Fischer, Wallenberg habe ihm vertraulich mitgeteilt, dass Cramon heute von Hindenburg verständigt wurde, dass unsere Offensive gegen Italien abgesagt sei weil die Deutschen keine Kräfte beistellen können und auch die Munitionserzeugung hinter den Erwartungen zurückgeblieben ist. Natürlich bleibt abzuwarten, wie der Wortlaut der Depesche ist; das heißt ob die Absage eine bedingte oder unbedingte ist. Letzteres halte ich nicht für sehr wahrscheinlich, weil die OKL damit die kaum zu tragende Verantwortung übernehmen würde, über die einzige Operation im Weltkrieg, die noch einen großen Erfolg verspricht, den Stab gebrochen zu haben. Es ist nun wieder ein Befehl herausgekommen, der einen Wechsel der Generalstabsverwendung zwischen operativen und Etappenposten, dann der Generalstabsoffiziere des AOKs und AKs mit solchen auf Frontposten anordnet. Ist nun die Offensive wirklich und endgiltig abgesagt, so habe ich eigentlich hier nichts mehr zu suchen und werde mich daher „empfehlen“.

Buzek hat heute bereits mit Metzger über diesen Punkt gesprochen; Metzger soll aber gesagt haben, dass er mich vorläufig nicht entbehren könne.

Abends bekomme ich die Antwort Hindenburgs und zwar durch Buzek zur Einsicht. „Die OKL sieht sich zu ihrem lebhaften Bedauern veranlasst, vorläufig von der Frühjahrsoffensive gegen Italien abzusehen. Die Munitionslage hat sich nicht derart entwickelt, dass nach Erledigung der bestimmt zu erwartenden Abwehrschlachten auf mehreren Kriegsschauplätzen jetzt schon die Möglichkeit einer groß angelegten Offensive zeitlich ins Auge gefasst werden könnte. Die OKL muss sich daher für die Frühjahrskämpfe an allen Fronten zunächst auf die Abwehr beschränken.“

Die Worte „vorläufig“ und „zunächst“ darf man in dieser Antwort nicht übersehen. In diesem Sinne sprach ich auch beim Rapport mit Metzger und schlage vor, nach Tirol jene Materialien weiterrollen zu lassen, die wir nicht zu schwer entbehren. Auch wäre das HGK nur zu verständigen, dass ein Aufschub der Operation eingetreten ist; denn es ist ganz gut, wenn in Tirol möglichst viel Vorbereitungen getroffen werden; aber auch die Abwehr profitiert davon - und wir müssen schließlich wenigstens an der Möglichkeit zu irgend einem positiven Handeln festhalten. Auch über die nun noch notwendigen Verstärkungen der Südwestfront für die Verteidigung spreche ich. Wenn möglich möchte ich für die 5. Armee noch eine Division, für die Heeresgruppe später, etwa Ende April gleichfalls eine Division, für Kärnten eine Kleinigkeit von einigen Bataillonen. Metzger sagt, Conrad wird wahrscheinlich durch Cramon zunächst anklopfen lassen, wie es denn mit der von den Deutschen angetragenen Division stehe. Selbstverständlich würde es sich nur um Auslösung einer österreichisch-ungarischen Division handeln, denn wir haben nun in der Abwehr kein Interesse, die Einheitlichkeit der Front um einer Division willen aufzugeben.

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