Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
01.03.1917
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
1.3.1917

Die Conradkrise scheint insoferne noch nicht ganz abgeschlossen zu sein, als noch ein neuer Versuch geplant sein soll, ihn zu einer Kommandoübernahme zu veranlassen. Die Nachrichten, dass der Kriegsminister 2 Versuche machte und dann Marterer, der böse Geist, einen dritten, bestätigen sich. Heute erzählt mir Prich, Fleischmann habe beim Personalwechsel Hindenburg - Ludendorff gemeldet, Ludendorff soll sich geäußert haben, dass Deutschlands Friedenspreis Österreich, das heißt unsere Aufnahme in den Deutschen Bund sei. Nun werden natürlich alle derartigen Gerüchte aufgewärmt. - Um 2 Uhr nachmittags teilt mir Metzger mit, dass sich Conrad nun doch zur Aufnahme des Kommandos von Tirol entschlossen hat. Er musste darum 5 Mal gebeten werden. 2 Mal durch den Kaiser selbst, einmal durch den Kriegsminister, einmal durch den Erzherzog Friedrich und zuletzt durch Marterer. Das 11. AK. wird ausgeschaltet werden, das heißt sein Stab in jenen Conrads übergehen. Ob Tirol dem Erzherzog Eugen unterstehen wird oder ob dieser eine Heeresgruppe, bestehend aus der 10. und 5. Armee befehligen wird, ist noch nicht entschieden. - Arz wird frühestens heute Abend erwartet. Dann wird er gleich über die für die Südwestfront vorbereiteten Befehle zu entscheiden haben.

An der Front lebhafteres Artilleriefeuer im Küstenland, am Plöcken und am Tonale.

Nach 6 Uhr abends Arz eingetroffen. Sah ihn zufällig, weil mich Metzger, als ich ihm gerade über die künftigen Befehlsverhältnisse referieren wollte, beim Telefon ließ, um Marterer zu melden, dass er, Metzger, sich jetzt bei Arz melden werde. - 7 Uhr klopfe ich den Entwurf der neuen Ernennungen ab: Erzherzog Eugen Kommandant der Südwestfront, Conrad Heeresgruppe Tirol, Rohr Kommandant der 1. Armee. - ½ 9 Uhr abends. Metzger teilt mir mit, dass Conrad selbst Bedenken gegen die Auflassung der 11. Armee hat. Dadurch sind alle Personalfragen noch in Schwebe.

Vormittags erbat Major Fleck eine Beurteilung der Lage. Die Deutsche Nachrichten Abteilung teilte mit, dass man den Angriff in Frankreich nun schon für den 10.März erwarte. Ich antworte darauf ungefähr folgendes: „Vorläufig liegen weder Meldungen unserer Front, noch neue verlässliche Nachrichten vor, die zur Annahme veranlassen könnten, dass die italienische Offensive nahe, das heißt etwa in der ersten Märzhälfte, bevorstehe. Sollte die französische Offensive tatsächlich um den 10.März einsetzen, so ist die italienische für die Zeit um den 1. April zu erwarten. Dafür sprechen nicht nur die uns bekannten Abmachungen und die Vorbereitungen der Italiener, sondern auch die bei der italienischen Heeresleitung zweifellos bestehenden Besorgnisse vor einer Offensive aus Tirol, die unter günstigen Umständen noch im April, jedenfalls aber im Mai möglich werde. Cadorna wird sich einerseits so lange Zeit lassen, bis die französische Offensive wirksam ist; andererseits aber anstreben, den Erfolg an der küstenländischen Front schon erreicht zu haben, um sich dann noch rechtzeitig gegen Tirol wenden zu können. Der Angriff gegen unsere 5. Armee dürfte sich diesmal nicht wie in den letzten Schlachten auf den Raum zwischen Salcano und dem Meere beschränken, sondern auch nördlich, unter Ausnützung der günstigen Angriffspunkte, bis Tolmein, ausdehnen. Die jetzige Gruppierung der italienischen 2. Armee lässt keinen Zweifel darüber. Vermutlich wird Cadorna, sobald sich für ihn die Lage an der Tiroler Front geklärt hat, auch noch Kräfte von anderen Fronten und neu aufgestellte Verbände heranziehen, die jetzt anscheinend als Heeresreserve an den leistungsfähigen Bahnen im weiteren Raum um Padua gesammelt werden. Dass der Großoffensive kleinere Unternehmungen in der ersten Märzhälfte vorangehen, ist möglich. Es liegen Nachrichten vor, dass solche Unternehmungen am 7. oder 8. März „bei und nördlich von Görz“ und „auf Tarvis“ geplant seien. An der Tiroler Front scheint sich gegen den Pellegrinoabschnitt etwas vorzubereiten. Mit der großen Offensive gegen die küstenländische Front dürften wie gewöhnlich Demonstrationen an den anderen Fronten einhergehen. Ein gleichzeitiger großer Angriff auf Tirol ist aber kaum zu erwarten. Nach allen Erfahrungen dürfte Cadorna alle Kräfte auf das eine Ziel Triest vereinigen, ehe er das andere angeht.

½11 Uhr nachts: Die personellen Fragen erhalten wieder eine andere Lösung. Das 11. AK. bleibt. Roth wird Kommandant der 11. Armee, Alfred Krauß Kommandant des XX. Korps. Soós bleibt Generalstabschef bei Roth; Rohr übernimmt nun doch die 1. Armee.

Arz amtiert bereits. Las den Schlagfertigkeitsbericht der 5. Armee.

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