Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
30.03.1917
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
30.3.1917

Heute Enver-Tag. Daher besondere „Beschleunigung“; und ich allein. Als das Interessanteste möchte ich vormerken, dass mir Waldstätten erzählt, der Chef - Pardon der Heeresgruppenkommandant Conrad ist gemeint, ich bin aber so gewohnt ihn als Chef zu denken! - also Conrad hat schon wieder einen Antrag geschickt, der den sofortigen Transport von Truppen der russischen Front nach Tirol fordert. Arz studiert jetzt die Sache; er hat sich aber auch die Denkschrift und die sonstigen mit der Offensive gegen I zusammenhängenden Akten geben lassen. Waldstätten sagte mir aber, ich möge mir keine Illusionen machen. Worauf ich beruhigt entgegnen kann, dass dies nicht geschehe; vielmehr sei ich daran, die Möglichkeiten der materiellen Fundierung einer solchen Offensive gründlich zu erheben. Haberl sagte mir heute Vormittag, wir können die Verpflegung keineswegs für die ganzen in Tirol auftretenden Kräfte (Verpflegsstand 100.000) vorher bereitstellen. Dies werde etwa für 4 - 5 ITD des Stoßstaffels möglich sein, wenn wir Pola und Krakau schröpfen. - Was nun den mir vorläufig nicht bekannten Antrag Conrads betrifft, glaube ich, dass der Mann nicht aus dem Grund um Verstärkungen bittet, weil er die Lage der Heeresgruppe für bedroht hält, wohl aber aus dem sicheren Gefühl, dass jetzt der Zeitpunkt zum Handeln gegen Italien da sei oder kommen werde. Der Mann ist eben jetzt auf dem unrichtigen Platz! Hier fehlt das treibende Element! - Ist doch eine Direktion vorläufig überhaupt nicht zu erkennen, außer jener der Direktionslosigkeit…

Bei der 5. Armee in der vergangenen Nacht mehrere gelungene Patrouillenunternehmungen, die kräftiges Sperrfeuer auslösten. Angeblich seien die Italiener „nervös“ geworden, weil sie auch Reserven heranzogen. - Vorwiegend ist aber der Gesamteindruck großer Angst vor einer Offensive unsererseits, besonders an der Tiroler Front.

 

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