Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
17.10.1918
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
17.10.1918

Nachmittags große Sitzung in Trient; anwesend alle Korps- und Divisionsgeneralstabschefs, Materialreferenten, Artilleriestabsoffiziere, Geniestabsoffiziere und weiß Gott wer noch. Gegenstand der Besprechung: Die Lage, die Räumungsfrage, die Materialverhältnisse u.s.w. - Ich komme mit meinen Herren zu spät, weil wir die Callianostraße durch ein Haubitzauto versperrt finden und über die Fricca fahren müssen. Als wir um ¼ 4 Uhr, statt um 3 Uhr, eintreten, ist die Riesengesellschaft schon versammelt. Jeder hat eine Karte in der Hand, auf welcher - unglaublich! - die ganze Situation der 10. Armee eingezeichnet ist, wie man sie sich nach Räumung des feindlichen Gebietes denkt. Wie ich nachher höre, hat man dieses Riesenauditorium sogar darüber informiert, dass die Isa in den Raum von Laibach, die Armeegruppe Belluno nach Kärnten, die 6. Armee nach der Steiermark, die 11. nach Nordtirol zu gehen hat! Wir verdienen kein besseres Los, wenn wir am Schluss des Krieges noch nicht mehr über Geheimhaltung gelernt haben! Konkretes wird natürlich wieder gar nichts gesagt, die ganze Besprechung macht den Eindruck völliger Ratlosigkeit. Wohl aber will man sich oben decken, indem man sagt, man habe alles für die Räumung und Bergung befohlen. Das KK. soll nach Levico kommen, das Korps im Großen und Ganzen das letzte sein, das am Feind bleibt. Schöne Aussicht! Aber es wird schon anders kommen, man gibt sich keinen Täuschungen mehr hin, dass die Entente für Deutschland und auch für uns die härtesten Bedingungen aufstellen wird. Also das Korps soll künftighin aus der KJ (Serrada), 19. (Vezzena) und 38. H. (Bergo) bestehen. - Ich treffe zunächst im eigenen Bereich die schärfsten Maßnahmen für die Geheimhaltung der ganzen Sache. Dann bespreche ich abends mit Suttner die nächsten Maßnahmen, die in der Einführung einer verschärften Disziplin, erhöhter Sicherung gegen Putschversuche und in der allmählichen Bergung des entbehrlichen Materiales durch Einzelbefehle gipfeln.

Abends lese ich in der Innsbrucker Morgenzeitung die Ankündigung des Kaiserlichen Manifestes, das von Major Ulmansky stammen soll. Es ist geradezu lächerlich, welcher politische Diletantismus sich jetzt breit macht. Wirklich wir haben nichts Besseres verdient.

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