Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
04.10.1916
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
4.10.1916

Gegenstand der Wiener Audienz des Chefs soll hauptsächlich eine von hier vorgeschlagene Neuregelung der Kommando Verhältnisse an unserer russisch-rumänischen Front bilden, und zwar soll Böhm (!) eine Heeresgruppe bestehend aus 2. und Südarmee, Erzherzog Karl eine zweite (mit dem Kommandositz in Nagy-Várad) bestehend aus 3., 7., 1. und 9. Armee bekommen. Nun, die Deutschen werden es schon verstehen, sich ihren Einfluss zu sichern! - Wie ich höre, hat Deutsche Oberste Heeresleitung den Vorschlag über die neuen Befehlsverhältnisse glatt angenommen. Erzherzog Thronfolger ist gegenwärtig in Reichenau (Semmering). - Heute Deutscher Kaiser bei Diner im Schloss.

Rumänen sind wieder über die Donau zurückgegangen und auch vor Falkenhayn im Rückzug. Ich glaube, jetzt dürfte der Zusammenbruch dieser Bande beginnen. Die 10.Gebirgsbrigade wollen wir morgen absenden.

Mittagsresümee: 5. Armee: Gestern nachmittags steigerte der Feind das Artillerie- und Minenfeuer auf der Karsthochfläche zwischen 3 und 5 Uhr zu größter Heftigkeit. Zu größeren Infanteriekämpfen kam es hiebei noch nicht; italienische Abteilungen, die gegen unsere Stellungen nächst 144 vorgingen, wurden durch Feuer abgewiesen. Um 5 Uhr ließ die Beschießung unserer Stellungen nach; jene der rückwärtigen Räume aus schweren Kalibern hielt aber an. Nachts war die Kampftätigkeit allgemein, besonders auf der Karsthochfläche und im Wippachtal bedeutend erhöht. Heute früh unternahm der Feind, unbekannt, wie stark, einen Vorstoß beiderseits der Straße östlich Oppachiasella, drang in unsere Stellungen ein, wurde aber durch Gegenangriff sofort wieder hinausgeworfen. Seither steht die Hochfläche unter starkem Geschütz - und Minenfeuer. Gestern warfen 11 italienische Flugzeuge auf Nabresina - Aurisina 40 Bomben; kein nennenswerter Schaden. Heute nachts Gegenaktion unserer Seeflugzeuge. - 10.Armee: Italiener setzten bis gegen Abend Beschießung des Gailtales langsam fort. - Heeresgruppe: Nach sehr heftiger Artillerievorbereitung setzte gestern abends feindliche Infanterie zum Angriff auf unsere Stellungen auf dem Colbricon picc. und südlich davon an, kam aber in unserem Artilleriefeuer nicht vorwärts. - Abendresümee: Auf der Karsthochfläche haben die Artillerie - und Minenwerferkämpfe noch an Heftigkeit zugenommen. Stellenweise wurden auch Ansammlungen des Feindes wahrgenommen und von unserer Artillerie beschossen.

Bei Heeresgruppe im Stilfser Abschnitt stärkeres feindliches Artilleriefeuer gegen Gr.Scorluzzo, auf dem unsere Truppen anlässlich des Kaisertages eine Fahne hissten. Überdies schossen die Italiener über die Schweizer Grenze und töteten einen Schweizer Infanteristen. - Bei 11. Armee nichts Besonderes. An Fleimstalfront scheint unser Angriff im Colbricon Gebiet nicht gelungen zu sein; Lage dort ungeklärt.

Standesverhältnisse: (1.10.) 5. Armee 140.000, 10.Armee 34.000, Heeresgruppe 108.000; Summe 282.000, dazu 48.000 Marschformationen. 10.ITD nicht, 10.GBrig. noch eingerechnet. Stand der Südwest-Front hat sich seit Mitte September um 35.000 Mann verringert (Schlachtverluste und Abgabe von 3 GBrig.; hier 10.GBrig. bereits als abgegangen gerechnet. Die 35.000 Mann setzen sich zusammen aus 14.000 Frontgewehren, 21.000 Marschformationen. XXIV Marschformation als noch nicht einrechnungsfähig nicht gezählt. Standesverhältnis in den einzelnen Abschnitten der 5. Armee (Frontgewehre + Marschformationen) I.: 22.500 + 2.900; IIa 23.400 + 4.700; IIb 29.800 + 4.100; IIIa 30.300 + 2.300 IIIb 23.200 + 4.100.

Abends lege ich Befehl für Abgehen der 10. Gebirgsbrigade, ab 5. Oktober, vor. Wird morgen früh aufgegeben; es ist ja schon alles vorbereitet. - Nachtmeldung 5. Armee enthält anschauliche Schilderung der Artillerie - und Minenwerferschlacht.

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